AFRIKA

Missbrauchsaufarbeitung weiter schwierig

Nach wie vor gibt es eine »Kultur des Schweigens«

Die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Afrika ist trotz Fortschritten weiter schwierig. Das ist das Fazit einer Analyse der französischsprachigen Zeitung »La Croix« zum dritten Jahrestag des internationalen Anti-Missbrauchsgipfels von Papst Franziskus mit allen Vorsitzenden der Bischofskonferenzen weltweit. Als Fortschritte seither verzeichnet das Blatt etwa, dass viele afrikanische Bischofskonferenzen Richtlinien zum Schutz Minderjähriger festgelegt oder weiter verschärft hätten. Auch habe sich die Mehrheit der afrikanischen Bistümer verpflichtet, Priester und Seelsorger für das Thema Missbrauch zu sensibilisieren. Der überwiegende Teil der Diözesen habe – wie 2019 vorgeschrieben – Meldestellen für Opfer sexuellen Missbrauchs eröffnet. In der Demokratischen Republik Kongo etwa hätten alle Diözesen solche Strukturen. Allerdings hätten die Menschen »ihre alte Gewohnheit beibehalten, sich an einen der Generalvikare oder an den Erzbischof selbst zu wenden, um Missbrauchsfälle zu melden«, beobachten sowohl der Kommunikationsdirektor der Erzdiözese Cotonou in Benin, Hubert Kedowide, als auch Georges Kalenga von der Bischofskonferenz des Kongo. Dennoch: Drei Jahre nach dem Vatikangipfel habe sich der Diskurs in Afrika verändert, sagt Schwester Solange Sia, Leiterin des Zentrums zum Schutz von Minderjährigen und gefährdeten Personen in Abidjan, Elfenbeinküste. »Inzwischen denken immer weniger Menschen, dass das Problem sexuellen Missbrauchs in der Kirche kein afrikanisches Problem ist«, so die Ordensfrau. Die kongolesische Theologin und Ordensschwester Josee Ngalula beobachtet allerdings weiterhin eine »Kultur des Schweigens«. Sie begleitet als Seelsorgerin Opfer sexuellen Missbrauchs. »Denunzieren und beschuldigen setzt voraus, dass wir erzählen, was passiert ist, und das blockiert die Mehrheit der Opfer«, sagte sie im Interview mit »La Croix Africa«; und weiter: »In Afrika sind wir dazu erzogen, der Ehre der Gemeinschaft den Vorrang zu geben. Die Opfer haben Angst, dass sie die Ehre der Kirche beschmutzen, wenn sie ihre Stimme erheben. « Schließlich werde oft angenommen, dass »ein Kirchenführer immer Recht hat«.

FOTO: KNA-BILD
Opfer von Missbrauch in der katholischen Kirche und deren Unterstützer:innen halten während des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan eine Mahnwache ab. 2019 beriet der Papst mit den Bischöfen der Weltkirche Maßnahmen, um zukünftig Missbrauch zu verhindern.