Katholik:innen in Indien freuen sich über die erste Ernennung eines Dalit zum Kardinal. Die Beförderung von Erzbischof Anthony Poola (Hyderabad) sei »ein stolzer Moment für alle Inder, unabhängig von ihrer Kaste und ihrem Glauben«, sagte Franklin Caesar Thomas, Koordinator des National Council of Dalit Christians (NCDC), dem asiatischen Pressedienst Ucanews. Die katholischen Dalit fordern seit Jahrzehnten ein Ende des Kastensystems in der Kirche und ein Recht auf mehr kirchliche Teilhabe. Sie appellieren seit langem an den Vatikan, als Zeichen »von Respekt vor der säkularen und demokratischen Verfassung Indiens und den Prinzipien sozialer Gerechtigkeit« die bisherige Praxis von Bischofsernennungen zu beenden, bei der fast ausschließlich Angehörige der oberen Kasten berücksichtigt wurden. Der Unmut der Dalit ging in jüngerer Vergangenheit so weit, dass sie mit der Gründung einer eigenen katholischen Kirche nach Dalit-Ritus drohten. Im März protestierten Dalit-Christ:innen gegen die Ernennung eines Nicht- Dalit zum Erzbischof von Pondicherry-Cuddalore im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu. Nur zwei der 31 Erzbischöfe Indiens und elf der 180 Bischöfe gehören den Dalit an.
Das Wort Dalit bedeutet im Sanskrit »mit Füßen getreten« und bezieht sich auf alle Gruppen, die einst als »Unberührbare « galten und keiner Hindu-Kaste angehörten. Regierungsdaten zeigen, dass etwa 200 Millionen der 1,3 Milliarden Inder zu dieser sozial benachteiligten Gruppe zählen. Rund 60 Prozent der 25 Millionen Christ:innen Indiens sind Dalit; ihr Anteil unter Indiens Katholiken liegt bei 75 Prozent. Der Kanzler des Erzbistums Hyderabad, Pater T. Victor Emmanuel, sagte, die Berufung von Erzbischof Poola mache »das Bistum stolz«. Unter den 21 von Papst Franziskus benannten neuen Kardinälen sind zwei Inder: Poola (60) und der Erzbischof von Goa und Daman, Filipe Neri Ferrao (69). Insgesamt legte der Papst erneut viel Wert auf die wachsende Kirche in Asien. Vier weitere Kardinalbiretts gehen an Vertreter des Kontinents: an den Koreaner Lazarus You Heung-sik (70), an Erzbischof Virgilio do Carmo da Silva (54) von Dili in Osttimor, an Erzbischof William Goh (64) aus der Finanz- und Wirtschaftsmetropole Singapur sowie an den aus Italien stammenden Ordensmann und Bischof Giorgio Marengo, der in der Mongolei eine noch junge, kleine Kirche leitet und mit dann 48 Jahren der jüngste Kardinal der katholischen Weltkirche sein wird.
Ausgabe 5/2022