Geboren 1934 in Kerala als John K. Thoonunkaparambil ist er vor allem unter dem Namen T. K. John bekannt. 1955 wurde er Mitglied der Jesuiten in der Patna Provinz. 1967 erhielt er die Priesterweihe und schloss sich 1974 dem Lehrkörper des Vidyajyoti College of Theology in Dehli an, um an diesem Kolleg Theologie und Indische Religionen zu dozieren. Zuvor hatte er ein Studium in Geschichte an der Universität von Ranchi abgeschlossen, ein Lizentiat sowohl in Theologie als auch Philosophie, einen Master in Sanskrit gemacht und ein Doktorat an der Universität in Bombay abgeschlossen. Seine Doktorarbeit widmete sich dem Thema: »The Meaning and Implications of the Upanishadic Rejection of Categories other than Brahman-Atman contained in the Dictum ›ato’nyad a¯rtam‹ (B.A.U. 3.3.2).« T. K. John’s Stärke ist seine Kenntnis und seine Vertrautheit mit der indischen Tradition, sowohl auf einer sehr intellektuellen Ebene der Philosophien als auch auf Ebene der Volksreligionen und sozialen Bewegungen. Zu Beginn seiner Dozententätigkeit und seiner Studien widmete er sich vor allem dem Dialog mit den traditionellen Texten des Hinduismus. Doch sehr bald schon engagierte er sich in sozialen Bewegungen Indiens und hat seitdem die Kirche Indiens beständig daran erinnert, die aktuelle Situation der Armen in ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. »Er ist überzeugt, dass beides, sowohl die Methode als auch der Gegenstand von Theologie, eines radikalen Wandels bedürfen, um die Nöte der Menschen in Indien zu treffen. Nur durch die Interaktion mit indischen Religionen und indischen »Verlierern der Geschichte« wird eine Theologie geboren werden, die für Indien eine Relevanz besitzt.« (J. England et alii [eds.], Asian Christian Theologies [ISPCK / Claretian Publishers / Orbis, 2002], Vol. I, pp. 356 –7). Aufgrund dieser Sichtweise neigt T. K. John dazu, eine eher negative Wahrnehmung der traditionellen Theologie, wie sie in Indien gelehrt wird (als eine vom Westen importierte Theologie), zu haben. Demgegenüber setzt er sich für einen neuen Zugang ein, der seinen Ausgangspunkt im Studium des Kontextes, sowohl auf sozio-ökonomischer als auch kulturell-religiöser Ebene, findet und auf dieser Basis eine neue Theologie entwickelt. Seine Perspektive hat viele Berührungspunkte mit der Befreiungstheologie, entsteht jedoch aus der indischen Situation heraus und schließt eine sehr umfassende historische, kulturelle und religiöse Analyse, neben der sozio-ökonomischen, mit ein. Eine besondere Bedeutung räumt er den kulturellen Ausdrucksweisen der Unterdrückten ein. Für T. K. John sind die sozialen und politischen Bewegungen des Landes der Ort, wo der Gott der Bibel, der der Gott aller ist, handelnd gegenwärtig ist. Der Jesuit hat die Bewegungen für die Opfer der Bhopal-Katastrophe, des Narmada-Projekts, in dessen Verlauf viele Menschen vertrieben worden sind, der indigenen Völker Zentralindiens und der Fischer in Kerala und in anderen Regionen Indiens unterstützt. Ebenso hat er sich in PUCL (People’s Union for Civil Liberties) und anderen Bewegungen engagiert, insbesondere der Dalit-Bewegung. Tatsächlich ist er praktisch der Mitbegründer, zusammen mit Rev. James Massey, des Zentrums für Dalit Studien in Dehli. Im Jahr 2000 war er der Vorsitzende einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Sr. Shalini, PBVM, Rev. Dr habil. James Massey, Fr. Monodeep Daniel, Mr. Philip Jadhav und er selbst, welche ein wichtiges politisches Dokument mit dem Namen Kairos India erarbeitet hat, in der Tradition von Kairos Afrika (1985), Kairos Europa (1998), das zentralamerikanische Kairos Dokument (1988), gefolgt von The Road to Damascus: Kairos and Conversion. Zudem ist T. K. John einer der führenden Personen im PIPFPD (Pakistan-India Peoples Forum for Peace and Democracy) gewesen. Dieses Forum hat vor einigen Jahren die Initiative ergriffen, um den Stillstand in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu überwinden. Diese Bewegung kann bis zu einem gewissen Grad auf einige Erfolge verweisen.
Trotz all dieser Engagements ist T.K. John kein reiner Sozialaktivist: Er ist vielmehr tief verwurzelt in den Traditionen indischer Spiritualität, welche er bemüht ist, in die Gebetstraditionen der Kirche Indiens zu integrieren. Aus diesem Grunde hat er sich in der Bildung von Ashrams, der Inkulturation der indischen Liturgie und der Schaffung regionaler theologischer Zentren engagiert. Eine seiner wichtigsten Beiträge ist in seiner Mitarbeit in zwei Kommissionen der Jesuiten in Indien (beginnend in den 70er Jahren) zu sehen: es ging darum, Probleme der christlichen Präsenz im Land zu studieren, Empfehlungen für eine Inkulturation des jesuitischen Lebens zu erarbeiten und die Ausbildung der Jesuiten zu reformieren. Diese Sorge um die Ausbildung hat den Theologen dazu geführt, verstärkt die sich wandelnde Realität in Indien, die Notwendigkeit einer Reevaluierung der Rolle anderer Religionen und die Notwendigkeit des Dialogs mit ihnen innerhalb der Sendung der Kirche zu reflektieren. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Ausbildung derjenigen, die sich auf die Missionstätigkeit vorbereiten. Dies bedeutet jedoch nicht, alles Alte abzustreifen. Vielmehr gilt es, den Lebensprozessen zu folgen. In einem jüngst erschienenen Artikel führt T. K. John aus: »Die Anforderungen des Kontextes müssen gleichsam als Norm oder Gesetz für die Verkündigung der Frohen Botschaft und allen daraus sich ergebenden Konsequenzen respektiert werden. Das Dokument des Vatikans zu Fragen von Ausbildung lädt alle dazu ein, dieses Gesetz der Interaktion und der gesunden Balance zwischen dem Universalen und dem Partikularen zu respektieren. Wir müssen von einem anderen Gesetz lernen. Es ist das Gesetz der eigentlichen Dynamiken des Mysteriums des Lebensprozesses… Unter den unveränderlichen Gesetzen, die die inneren Dynamiken des Mysteriums des Lebens regieren, ist eine besondere und bewundernswerte Weisheit in den lebendigen Prozessen am Werk. Das Phänomen von Wachstum und Vermehrung ist das Ergebnis eines intelligenten Erkenntnisprozesses, eingebaut im wirklichen Herzen der Lebenstätigkeit. Da der Prozess des Lebens vorwärts drängt, neue Formen entwickelt, Elemente, die früher benutzt worden sind aber heute nicht mehr benötigt werden, ablegt und immer neuere als Nahrung dienende Elemente angetroffen werden, empfängt die Dynamik des Lebens kritisch und unterscheidend das Neue, transformiert es und verleibt es ein in die existierende Form hinein. Dieser Prozess der Osmose hat die Re-Formulierung und Re-Gestaltung ihrer ursprünglichen Identität zur Folge. Sie bekommt eine neue Identität, indem sie Teile des Alten bewahrt und zum Teil Neues erhält. Zwei Prinzipien sind in diesem Prozess am Werk: Das eine ist die angeborene Fähigkeit des Lebensprozesses auf exzellente Art und Weise die Umwelt zu überwachen und zu begreifen und die Fähigkeit, auf das Nützliche, Vorteilhafte zu antworten, das Unnützliche zu ignorieren. Das andere Prinzip ist die höchst erstaunliche und kluge Selektion unter den vielen Materialien oder Bestandteilen, auf die der Lebensprozess trifft. Nur solche, die die Identität weiter steigern, werden ausgewählt. Die Vergangenheit und die Gegenwart sind präsent in der neuen Realität, bereit sich weiter in die Zukunft zu bewegen. Dies ist das Gesetz von Wachstum.« (»Formation in Context«, in The Church in India in the Emerging New Millennium, ed. by Fr Thomas D’Sa, Bangalore: NBCLC, 2005, p. 722).
GEORGE GISPERT-SAUCH SJ
Theologe / Indien
Auf Englisch erschienen: