Synodalität

»herausgerufen«

Der mutige Weg der Trierer Diözesansynode

von Michael Meyer

Zweieinhalb Jahre haben 279 Synodale im Bistum Trier über die drängenden Fragen der Zeit für Kirche und Gesellschaft gesprochen. Im Abschlussdokument fordern sie die Christen im Bistum Trier zu einem Prozess diakonischer Kirchenentwicklung auf. Die Kirche soll an die Ränder und Grenzen gehen, sich selbst evangelisieren lassen und dann wiederum Zeugnis geben von der Hoffnung, die sie erfüllt. Erste Schritte werden bereits umgesetzt.

Autor

Michael Meyer

Dr. theol., Priester der Diözese Trier (Fidei Donum),
derzeit pastorale Mitarbeit in der Pfarrei Völklingen (Saar) und im bistumsweiten Team der »Erkunder«

Ein überraschender Moment für viele: Am 29. Juni 2012, dem Fest der Apostel Peter und Paul, kündigt der Trierer Bischof Stephan Ackermann die Einberufung einer Diözesansynode an. So sehr Diözesansynoden weltweit als eine normale Form der Pastoral gelten können (seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind es mehr als 850), so selten sind sie in Deutschland. Die letzten Synoden fanden in den 1980er Jahren in den Diözesen Hildesheim, Rottenburg-Stuttgart und Augsburg statt. Im Bistum Trier wurde die letzte Diözesansynode 1956 einberufen, zuvor in den Jahren 1931 und 1920. Davor fand die letzte Synode im Jahr 1548 im alten Erzbistum Trier statt. Die Trierer Synoden haben Seltenheitswert, zumindest im Zeitraum der letzten fünf Jahrhunderte. Woher nimmt der Trierer Bischof den Mut, nach Beratung und Anhörung der entsprechenden diözesanen Gremien das pilgernde Volk Gottes zu einer Synode einzuberufen?

Neue Inspiration

In der Zeit eines epochalen Wandels wünscht der Bischof mit der Einberufung der Synode eine Beratungsform mit einem rechtlich verbindlichen Rahmen, die eine breite Beteiligung des Volkes Gottes ermöglicht und in der ein Diskursraum entsteht, in dem über Inhalt und Plausibilität des christlichen Glaubens gesprochen wird. Leitend ist der Wunsch, unter den sich rasant verändernden gesellschaftlichen und kirchlichen Bedingungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts das Evangelium neu, ansprechend und kraftvoll zu verkündigen. »Wie können wir uns neu inspirieren lassen von der Botschaft Jesu Christi, damit sie unser Leben noch stärker prägt? (…) Wie können wir uns in neuer und vertiefter Weise evangelisieren lassen und evangelisierend wirken? «, legt der Bischof der Synode als Fragen in die Wiege (Predigt am 29.06.2012). Er spricht von einer »ernsthaften Beratung, keinem unverbindlichen Gerede«, die über »die bloß übliche Klage ›über Gott und die Welt‹« hinausgeht. Und in einem weiteren Statement fügt er hinzu, dass die Einberufung der Synode, kirchenrechtlich verbindlicher als etwa nur eine Pastoralversammlung, ein Wagnis ist, das sowohl ihn selbst als auch das Gesamt aller Diözesanen vor eine noch unbekannte Zukunft stellt. Mit der Einberufung einer Diözesansynode folgt der Bischof der Römischen Instruktion zu den Diözesansynoden von 1997, die »in der gemeinsamen Suche dessen, was der Geist Gottes im gegenwärtigen Moment von der Teilkirche verlangt « in der Durchführung einer Synode ein besonderes Instrument intensiver gemeinsamer Beratung mit dem ganzen Volk Gottes sieht.

Ende der Volkskirche

In Trier, der ältesten Diözese auf deutschem Boden mit einem reichen kulturellen Erbe der Römerzeit, ist das Gespür dafür gewachsen, dass die »konstantinische« Ära der Christenheit zu Ende ist: Die jahrhundertelange – oft unhinterfragte – Deckungsgleichheit von Religion und Gesellschaft beziehungsweise Kirche und Staat ist Vergangenheit. Zwar prägt die Konstantinbasilika, ein Magnet für viele Touristen, die Trierer Innenstadt, doch steht der römische Kirchenbau für viele Besucher mehr für eine imposante Architektur vergangener Zeit – für eine »museale« Kirche – als für einen Ort, an dem die Menschen unserer Zeit dem Evangelium tatsächlich eine Relevanz für ihr Leben zutrauen würden. Mit Blick auf die Konstantinbasilika ist die Gemengelage der historischen Verquickung zwischen religiösem und gesellschaftlichem Leben zu spüren; deutlich spürbarer ist aber vor allem die Einsicht, dass die Zeit der Volkskirche längst zu Ende ist. Das geschlossene »katholische« Milieu des in weiten Teilen ländlich geprägten Bistums Trier existiert in der Fläche nicht mehr, wenngleich mancherorts noch Reste auszumachen sind. »Man kann«, so Kardinal Walter Kasper in einem Interview, »auf die Dauer nicht Volkskirche simulieren, wenn diese sich aus unterschiedlichsten Gründen immer weiter auflöst«.

Diakonie und Mission

Die Einberufung der Synode gleicht so einem beschwingten Abenteuer, in dem sich die Frage stellt, ob »der große Sprung« gelingen wird oder doch nur kleine zögernde Schritte möglich sind. »Lieber das ›bekannte Unglück‹ oder ›das noch unbekannte Glück‹ suchen?«, heißt es in einer Wortmeldung zu Beginn der Synode, die am 13. Dezember 2013 zu ihrer ersten Vollversammlung zusammenkommt. 279 Synodale werden sich zu insgesamt sieben Vollversammlungen treffen. Der älteste Synodale ist 83 Jahre, der Jüngste 19 Jahre alt. Zu den Vollversammlungen sind neben den Synodalen als Entscheidungsträger auch Berater, Beobachter und Gäste aus der Ökumene sowie dem gesellschaftlichen und politischen Leben eingeladen. Einen beflügelnden Rückenwind zum Start der Diözesansynode im Jahr 2013 ist indes der Beginn des Pontifikates von Papst Franziskus, der mit seinem ersten Schreiben Evangelii gaudium der Kirche eine »heilsame« Unruhe verordnet, um obsolet gewordene Strukturen zu verabschieden. Der aus Lateinamerika stammende Papst wünscht mit Evangelii gaudium einen neuen missionarischen Eifer für die Weltkirche. Es ist mehr als erstaunlich, wie viele Synodale mit dem päpstlichen Schreiben als Roadmap in der Hand in die erste Vollversammlung am dritten Adventswochenende 2013 starten. Sie lassen sich dabei auch vom Dreiklang des in der ignatianischen Spiritualität begründeten Prinzips des »Hörens«, »Unterscheidens« und »Integrierens « leiten, mit dem der Jesuitenpapst in seiner Vorgehensweise auf Ebene der Universalkirche agiert. So setzen sich die Synodalen in den ersten beiden Vollversammlungen intensiv mit der Wirklichkeit auseinander: Als »Zeichen der Zeit« identifizieren sie unter anderem Pluralisierung, Individualisierung, demografischen Wandel, Wandel der Geschlechterrollen, Kommunikations- und Mediengesellschaft sowie Ökonomisierung des gesellschaftlichen Lebens. All diese Bereiche betreffen die Zivilgesellschaft und das kirchliche Leben. Als Ausgangspunkt des so benannten Kontextes beraten die Synodalen in weiteren Vollversammlungen, die abwechselnd in Trier, Saarbrücken und Koblenz stattfinden. Sie teilen sich dabei – neben den Plenarsitzungen – zur Arbeit in zehn Sachkommissionen auf, um auf spezifische Weise anstehende Themenfelder wie »Kirche in der Welt von heute«, »Glauben leben lernen« oder »Die Gaben im Volk Gottes entdecken und fördern« zu bearbeiten. Die beiden größten Sachkommissionen mit je 40 Synodalen treffen sich, um Vorschläge zum »Diakonischen Wirken« und zur »Missionarischen Kirche« zu überlegen. Beide Bereiche, die Diakonie und die Mission, werden im weiteren Verlauf der Synode als inhaltliche Hauptthemen an Bedeutung gewinnen.

An die Ränder gesandt

Am Ende der zweieinhalb Jahre tagenden Synode, deren rechtsverbindliches Abschlussdokument am 30. April 2016 mit 212 Ja-Stimmen (bei 19 Nein-Stimmen und keiner Enthaltung) angenommenen wird, heißt es: Die Christen im Bistum Trier sind zu einem Prozess diakonischer Kirchenentwicklung ermutigt, um sich grundlegend neu auszurichten und in allen kirchlichen Vollzügen missionarisch- diakonisch in die Welt hinein zu wirken: »Eine Kirche, die Jesus Christus folgt, weiß sich an die Ränder und Grenzen gesandt, ist empfindsam und solidarisch, wo Menschen in Gefahr sind, ihre Würde zu verlieren oder ihrer Würde beraubt zu werden. Die Kirche Jesu gibt Zeugnis von der Hoffnung, die sie erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15). Sie begibt sich dabei in das ihr selbst Fremde. Sie sucht Begegnung mit Anderem und mit Anderen und lässt sich davon irritieren, betreffen, inspirieren: Sie lässt sich evangelisieren. Eine Kirche, die Jesus und dem Evangelium vom anbrechenden Reich Gottes folgt, setzt auf die Würde und Verantwortung aller Getauften.« (Präambel der Synode)

Motto »herausgerufen«

Das Leitwort der Synode »herausgerufen« zeigt dabei die Gesamtrichtung des Synodentextes. War zunächst als Überschrift des Abschlussdokumentes das im kirchlichen Jargon gerne benutzte »Aufbruch wagen« im Gespräch, so wurde diese mögliche Überschrift jedoch als wenig glaubwürdig, da in der ekklesialen Rhetorik ausgereizt, angesehen. Welches Leitwort würde besser passen? Die Synodalen votierten mit großer Mehrheit für das Motto »herausgerufen«, das in einem mehrfachen Sinn die Synode und deren angestrebte pastorale Erneuerung kennzeichnen soll.

»herausgerufen« nimmt in erster Linie das aus dem griechischen stammende Wort der ekklesia (Kirche) auf und meint damit jene Versammlung der ersten Christen, die sich als »Herausgerufene« bezeichneten. Die ersten Christen benannten damit schlicht und einfach, dass sie im Evangelium eine existentielle Grundlage für ihr Leben gefunden hatten, in der sie sich bescheiden und demütig, dennoch überzeugend und kraftvoll von der Mehrheit der (nicht christlich geprägten) Gesellschaft unterschieden.

»herausgerufen« bedeutet sodann, einem »Ruf« zu folgen, um immer wieder zu hören, wie der Geist des lebendigen Gottes sein Volk an unterschiedlichen Orten und Zeiten selbst zusammenruft. Darin steckt – entlastend und selbstkritisch zugleich – die Ansage, nicht alles selbst machen zu müssen. So wichtig die Organisation und die Planung der Kirche als (Groß-) Institution beziehungsweise Organisation ist, so wichtig ist es auch zu wissen, dass Gottes Geist vor allem menschlichen Tun als Erster handelt.

Und schließlich ist »herausgerufen« ein pfingstliches Wort. »herausgerufen« bedeutet: Angst und Verschlossenheit zu durchbrechen, um im Geist des Auferstandenen Brücken des Dialoges zu bauen und um des Evangeliums willen »in alle Welt« beziehungsweise »in alle Lebenswelten« zu gehen. Es gilt, neue Orte zu entdecken, den Kontakt mit bisher Unbekannten zu suchen und mit anders Denkenden ins Gespräch zu kommen.¹ In einem Interview nach der Synode fasst Bischof Ackermann »herausgerufen« mit folgenden Worten zusammen: »Es geht nicht darum, Kirche als Selbsterhaltungsverein zu gestalten. Wir werden es auch mit noch mehr Anstrengung nicht schaffen, alles Bisherige zu erhalten. Entscheidend ist: Kirche ist Raum Gottes unter den Menschen. Das heißt auch, neugierig zu sein auf andere Formen des kirchlichen Lebens.« (Interview KNA am 01. Januar 2017)

Im Leitwort »herausgerufen« ist auch jene Spannung auszumachen, in der sich das Bistum Trier im Jahr »3« nach dem Ende der Synode befindet. Einerseits ist der Impuls da, überkommene Grenzen auf Neues hin zu überschreiten; andererseits geht es um die Treue zum Überlieferten. Die Synode hat vier entscheidende Perspektivwechsel formuliert, die auch im Spannungsverhältnis zur bisherigen Kirchenerfahrung stehen.

Perspektivwechsel

»Vom Einzelnen her denken« ist als erste Vision genannt. Eine Kirche, die vom Einzelnen her denkt, sucht den einzelnen Menschen in seiner Lebenswirklichkeit auf und möchte ihn darin verstehen lernen. Vom Einzelnen her denken meint eine fragende, sich interessierende, sich solidarisierende und eine zugewandte Kirche. Das bekannte Wort von Klaus Hemmerle aus einem Brief an Jugendliche »Lass mich Dich lernen, Dein Denken und Sprechen, Dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich Dir zu überliefern habe« benennt präzise den Perspektivwechsel, der in eine Beziehungsdynamik zum Anderen und in dem Wunsch nach Begegnung mit dem Fremden eingeschrieben ist.

Der zweite Perspektivwechsel nimmt »Charismen« vor »Aufgaben« in den Blick und ermutigt dazu, Aufgaben nicht länger um der Aufgaben willen zu erfüllen oder bloß deshalb, weil sie traditionellerweise bisher wahrgenommen wurden. »Charismen« vor »Aufgaben« in den Blick nehmen regt an, durch die Überprüfung von Aufgaben auch Unterbrechungen im Kreislauf des immer gleichen Tuns zuzulassen. Die Gaben, mit denen Gottes Geist die Getauften ausstattet, sind im Leben der Kirche von Trier zur Geltung zu bringen. Kriterien für die Charismen sind, ob und wie sie zum Aufbau christlicher Gemeinschaft in der Gesellschaft beitragen, wie sie tätige Nächstenliebe verwirklichen helfen, wie durch sie Gottesdienste inspiriert werden und wie mit ihnen das Evangelium weitergesagt werden kann.

Der dritte Perspektivwechsel lautet: »Weite pastorale Räume einrichten und netzwerkartige Kooperationsformen verankern«. Mit diesem Perspektivwechsel unterbricht das Bistum Trier die Gewohnheiten und Abläufe des bisherigen kirchlichen Lebens vor Ort. Er bedeutet einen schmerzhaften Einschnitt, weil er das vertraute Umfeld des kirchlichen Lebens verändert wie kein anderer. Vielfach regt sich gerade deshalb in diesem Punkt ein großer Widerstand aus den eigenen Reihen von jenen, die die Neuformatierung des »Betriebssystems « so nicht mitgehen wollen. Das tridentinisch verwurzelte Pfarrprinzip, das jahrhundertelang die DNA des Kirche-Seins in der Geschichte Westeuropas geprägt hat, wird durch eine andere Art des Kirche- Seins, das die Verantwortung aller Gläubigen im gemeinsamen Priestertum betont, neu zu gestalten sein. »Networking« und »Teamarbeit« mit einer starken inhaltlichen Ausrichtung wird gefragt sein. 35 Pfarreien werden mit Beginn des Jahres 2020 kanonisch errichtet und ersetzen die bisherigen Pfarreien beziehungsweise die über 200 bisher existierenden Pfarreiengemeinschaften. Viele sehen darin einen Verlust von Glaubensheimat; andere – darunter viele Pfarrer – beklagen den Bedeutungsverlust ihrer bisherigen Rolle und den damit einhergehenden Machtverlust. In der Tat: Das Beziehungsgeflecht sowie das Zueinander von ehrenamtlichem und hauptberuflichem Tun ist neu zu definieren. Der angestrebte Perspektivwechsel ist jedoch als eine Ermöglichung zu einer größeren Partizipation gedacht.

In die gleiche Richtung zielt auch der vierte Perspektivwechsel, der das »synodale Prinzip bistumsweit« verankert. Eine synodale Kirche ruft im Vertrauen auf den Glaubenssinn aller (sensus fidelium) dazu auf, aufeinander zu hören und voneinander zu lernen. Im Hören aufeinander wird die Stimme des Heiligen Geistes deutlicher erkennbar als bei solitären Entscheidungen. Das synodale Prinzip stellt damit die Theologie des Volkes Gottes in den Vordergrund: »Jeder Getaufte ist unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens aktiver Träger der Evangelisierung«, schreibt Papst Franziskus im anfangs zitierten apostolischen Schreiben Evangelii gaudium (EG 120). »Es wäre unangemessen«, so Papst Franziskus, »an einen Evangelisierungsplan zu denken, der von qualifizierten Mitarbeitern umgesetzt würde, wobei der Rest des gläubigen Volkes nur Empfänger ihres Handelns wäre.« (EG 120) So geschieht vom Geist getragene gemeinsame Entscheidungsfindung, Mitverantwortung und Mitbestimmung aller Getauften im Volk Gottes. »Für die jetzige Zeit der Kirche haben Bischof Stephan Ackermann und die Mitglieder der Diözesansynode geradezu die Notwendigkeit ausgemacht, diesem ›Wir‹ den Vorrang zu geben vor dem ›Ich‹«, deutet Daniela Mohr-Braun die pneumatologische Dimension synodaler Kirchenprozesse.² Das heißt Abschied nehmen von der Vorstellung, dass kirchliches Leben in allem zentral gesteuert werden müsste und dass in der Kirche nur hauptamtlich Tätige verantwortlich entscheiden könnten und wollten. Konkrete Umsetzungsvorschläge des synodal verfassten Strukturprinzips sind unter anderem die Leitung der Pfarrei der Zukunft durch ein Team von bis zu drei Hauptberuflichen und – nach Möglichkeit – von zwei ehrenamtlich Engagierten sowie die Errichtung einer »Synodalversammlung« als großes Gremium von Delegierten, die über die pastoralen Themenschwerpunkte der Pfarrei beraten und entscheiden. Der Dialog, der Austausch und die Beratung in der rechtsverbindlichen Weise einer synodal verfassten Kirche sind jedoch erst zu lernen und zu vertiefen. Die Synodalität steckt noch in den Kinderschuhen und es fehlt nicht an Fragen, die auf allen Ebenen kirchlichen Handelns nun eine neue Gewichtung erhalten: Wie hoch ist der Grad der Mitbestimmung? Wie wird transparent und ehrlich kommuniziert? Wer trifft welche Entscheidungen? Wie sehen die Stufen der Beteiligung aus? Wie geschieht echte Partizipation?

Der gemeinsam zu gestaltende Weg (»Synode«) ist in diesem Sinn kein Zuckerschlecken. Will die Kirche von Trier auf ihrem Weg jedoch nicht nur an der Oberfläche stehen bleiben, so sind ekklesiale Vorgänge in den Blick zu nehmen, die tastend Neues suchen und Wege einer anderen Kirchlichkeit für unsere Zeit wagen. Am Ende der letzten Vollversammlung der Synode (April 2016) hat Bischof Ricardo Centellas aus Potosí, Vorsitzender der Bolivianischen Bischofskonferenz, in einem sehr kurzen, aber gewichtigen Statement drei entscheidende Punkte genannt, die er der Trierer Partnerkirche mit auf den Weg gibt. Sie treffen den Lebensnerv der Diözesansynode: »Wandel von einer Kirche der Besitzstandswahrung hin zu einer Kirche der Mission; Wandel von einer Kirche der Institution hin zu einer Kirche des Dienstes; Wandel von einer Kirche des Klerikalismus hin zu einer Kirche, die als Gemeinschaft von Gemeinschaften lebt.«

FOTO: KNA-BILD
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann legt zu Beginn der Diözesansynode 2013 einer Synodalen den Synodenschal um.
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Gute Stimmung auf der siebten Vollversammlung der Trierer Diözesansynode. Es zeigt sich, dass die Synodalen miteinander vertraut und schon lange gemeinsam auf dem Weg sind.
Jede Stimme zählt: Eine Synodenteilnehmerin stimmt mit einem elektronischen Abstimmungsgerät über einen Antrag ab.
Bunt gemischt sind die Synodalen: Frauen und Männer, Jüngere und Ältere, Haupt- und Ehrenamtliche diskutieren die drängenden Fragen der Zeit.

Anmerkungen

1 Pointiert als Antonym zu »herausgerufen« könnte das Wort »Hereinforderungen« stehen. Dazu: Spielberg, Bernhard, Sakramentalität oder sakrale Mentalität. Was hat das Mission Manifest, was die Mainstream-Kirche nicht hat? In: Nothelle-Wildfeuer, Ursula/Striet, Magnus (Hrsg.), Einfach nur Jesus? Eine Kritik am »Mission Manifest« (Katholizismus im Umbruch, Bd. 8), Freiburg 2018, 120–137, 130: »Darüber hinaus bringen seit Jahren Strukturprozesse für viele Pfarreien mehr ›Hereinforderungen‹ mit sich als Herausforderungen: Die verantwortlichen Haupt- wie Ehrenamtlichen müssen sich im Blick auf ›Zusammenlegungen‹ weniger Gedanken darüber machen, wie viele Menschen an ihrem Ort trauern, wie viele Jugendliche ohne Abschluss die Schule verlassen oder wie viele großartige Künstler es dort gibt, sondern darüber, wo der künftige Pfarrer wohnen soll, wie lange die Pfarrbüros in den Teilorten geöffnet werden und in welcher Kirche die Erstkommunion am Weißen Sonntag stattfinden wird.«

2 Vgl. Heckmann, Christian/Mohr-Braun, Daniela (Hrsg.), Synode geht. Ansprachen, Predigten und Briefe von Bischof Stephan Ackermann zur Synode im Bistum Trier  (Katholische Kirche im Dialog, Bd. 5), Freiburg i. Br. 2017, S. 190f.