Amazonassynode

Die Amazonassynode

Hoffnungspotenzial und Herausforderungen

von Birgit Weiler

Die Amazonassynode bietet die Chance, das Amazonasgebiet in den Fokus der Weltkirche zu stellen – in einer Zeit, in der die Region so stark ökologisch bedroht ist wie nie zuvor. Aber nicht nur die gefährdete Natur, auch indigene Vorstellungen vom »Guten Leben« sowie besondere pastorale Herausforderungen erhalten in diesem Rahmen neue Aufmerksamkeit. Demensprechend groß sind die Erwartungen, etwa neue Wege der Verkündigung des Evangeliums zu beschreiten.

Autorin

Birgit Weiler
ist Missionsärztliche Schwester, Theologin, seit 1995 Professorin an der Jesuitenhochschule und heutigen Universität Antonio Ruiz de Montoya (Lima), seit fast zehn Jahren zudem in enger Zusammenarbeit mit dem Apostolischen Vikariat San Francisco Javier (Peru) an der Weiterentwicklung der Pastoral mit den einheimischen Völkern Awajún und Wampis beteiligt

Foto: Birigt Weiler (rechts) mit einer jungen Awajún-Frau in der Schule von Fé y Alegría in Wachapea, Peru

Auf dem Weg zu einer synodalen Kirche

Die sogenannte Sonderversammlung der Bischofssynode für das Amazonasgebiet, kurz Amazonassynode genannt, wird vom 6. bis 27. Oktober dieses Jahres in Rom stattfinden. Als Papst Franziskus sie während seines Besuches in Puerto Maldonado im Amazonasgebiet von Peru im Januar 2017 einberief, betonte er, dass er einen sehr partizipativen synodalen Prozess wünsche, insbesondere mit hoher Beteiligung von Repräsentantinnen und Repräsentanten der ursprünglichen beziehungsweise autochthonen Völker (pueblos originarios) Amazoniens. Ein vorrangiges Ziel der Synode ist es, »neue Wege für die Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie« zu erschließen. Das Generalsekretariat der Bischofssynode unter Leitung von Kardinal Lorenzo Baldisseri arbeitet eng mit dem kirchlichen panamazonischen Netzwerk (Repam) zusammen. Repam hat die Konsultationen über das Vorbereitungsdokument der Synode, die an verschiedenen Orten des Amazonasgebietes, mit Vertreterinnen und Vertreter mehrerer benachbarter Ortskirchen stattfanden, vorbereitet und durchgeführt. Während der regionalen Treffen versammelten sich viele Mitglieder des Volkes Gottes in Amazonien – Priester, Ordensleute und zahlreiche Laien –, um das Vorbereitungsdokument zu reflektieren und ihre Beiträge zu den verschiedenen Themen des Dokumentes einzubringen. Repam hat die vielfältigen Beiträge gesammelt und gebündelt. Sie bilden zusammen mit anderen Materialien die Grundlage für das noch zu erstellende Arbeitsdokument (Instrumentum laboris), das den Teilnehmern der Synode vorliegen wird.

Die Amazonassynode in Rom ist für die teilnehmenden Bischöfe aus dem Amazonasgebiet ein wichtiger Moment, um die Stimmen aus Amazonien in die Weltkirche zu tragen. Denn es handelt sich nicht um eine Synode »für« Amazonien, sondern »ausgehend von« Amazonien (»desde la Amazonía«) für die Weltkirche. Es heißt auch, dass Papst Franziskus die starke Hoffnung hegt, dass sich durch diese Synode zumindest anfanghaft eine kirchliche Reform verwirklichen lässt, die ihm sehr am Herzen liegt, nämlich dass die Kirche viel mehr zu einer synodalen Kirche wird.

Zentrales Anliegen der Menschheit

Das Amazonasgebiet, das sich über 7,5 Millionen Quadratkilometer erstreckt und an dem neun Länder Anteil haben, ist reich an Biodiversität. Es beherbergt 30 bis 50 Prozent der Flora und Fauna weltweit sowie 20 Prozent des Süßwassers in nicht eingefrorenem Zustand und ein Drittel der Urwälder auf unserem Planeten. Damit ist es die größte »grüne Lunge« der Erde. Zudem ist es die Heimat vieler kulturell verschiedener Bevölkerungsgruppen, darunter um die 390 ursprüngliche Völker. Laut dem Indigenen Missionsrat Brasiliens (CIMI) leben in Amazonien 110 bis 130 »indigene Völker in freiwilliger Isolation«. Die Region zeichnet sich zugleich durch einen großen kulturellen und spirituellen Reichtum aus. Amazonien ist, wie Papst Franziskus auf seiner apostolischen Reise ins Amazonasgebiet Perus betonte, »eine kulturelle Reserve, die vor allen neuen Kolonialismen geschützt und bewahrt werden muss«. Das erfordert eine ganzheitliche systemische Sicht auf dieses Gebiet, denn es bildet eine lebendige Einheit, ein großes Biom, in dem alles miteinander verbunden ist (vgl. Enzyklika Laudato si’, fortan: LS, 117). Aufgrund seiner wichtigen klimaregulierenden Funktion für unseren Planeten ist Amazonien für die gesamte Menschheit von großer Bedeutung.

Zugleich ist das Amazonasgebiet ökologisch sehr bedroht durch die vielfältigen starken Eingriffe und deren schlimme Auswirkungen auf seine fragilen Ökosysteme. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Amazonien bis in die Gegenwart vor allem als ein riesiges Ressourcenlager nachwachsender und nicht nachwachsender Rohstoffe betrachtet worden ist, das man ausbeuten kann. Die vorherrschende Sichtweise in Bezug auf Amazonien ist überwiegend von kurzfristigen Gewinninteressen geprägt. Viele nationale und internationale Unternehmen sind dabei, die verschiedenen Rohstoffe Amazoniens wie Erdöl, Erdgas, Gold und andere Erze sowie Edelhölzer, Palmöl und Soja zu fördern, oft ohne ausreichend die mittel- und langfristigen Umweltbeeinträchtigungen und -belastungen zu berücksichtigen. Infolgedessen werden gegenwärtig die Ökosysteme über die Maßen geschädigt: durch Megaprojekte wie große Wasserkraftwerke, das Agrobusiness mit seinen großflächigen Monokulturen vor allem zur Gewinnung von Palmöl und Soja, die gefährliche Verschmutzung vonseiten illegal operierender Goldschürfer (Einsatz von Quecksilber), die illegale Abholzung von Edelhölzern, die Verschmutzung von Flüssen und Wasserquellen durch austretendes Rohöl aufgrund beschädigter Rohrleitungen sowie durch andere Aktivitäten von Unternehmen und Bewohnern; hier sind vor allem die Produktion von Giftmüll und Unmengen an biologisch nicht abbaubarem Abfall in den Städten – insbesondere Plastikmüll – zu nennen. All dies hat direkt zu tun mit dem Lebensstil und einem weit über die Bedürfnisse hinausgehenden Konsumismus in anderen Landesteilen sowie Regionen der Welt, insbesondere im globalen Norden, zu dem auch Deutschland zählt. Verschiedene wissenschaftliche Studien weisen auf, dass die fragilen Ökosysteme Amazoniens den massiven Eingriffen und deren negativen Auswirkungen, die sich durch Koppelungseffekte häufig noch verstärken, nicht mehr lange werden standhalten können und zu kollabieren drohen.

Bedrohung der Indigenen

In Amazonien dominiert ein Wirtschaftsmodell mit einem einseitigen und verzerrten Verständnis von Entwicklung sowie Fortschritt. Der Präsident von Repam, Kardinal Claudio Hummes, sagt kritisch hierzu: »Das Entwicklungsmodell, das die Regierungen und großen staatlichen sowie privaten Unternehmen im Amazonasgebiet anwenden, ist zutiefst schädlich für die Umwelt und für die ursprünglichen Völker der Region.« Die negativen Auswirkungen tragen zum Klimawandel bei. Die Zeichen eines Klimawandels ebenso wie dessen schlimme Folgen nehmen in der Region zu, darunter die ernste Gefährdung der Ernährungssicherheit und Gesundheit vieler Familien. In Gesprächen im Kontext der Vorbereitung der Amazonassynode betonte Kardinal Hummes mehrfach, dass die Kirche sich an den Debatten über die Themen »Entwicklung und Fortschritt« unbedingt beteiligen und ihren Beitrag dazu aus der Perspektive des Evangeliums in die gesellschaftlichen Debatten einbringen müsse, wenn sie ihrer Mission treu sein wolle. Daher solle sie auch daran mitwirken, die irrige Vorstellung von Amazonien als einer unerschöpflichen Vorratskammer der Staaten, die sehr häufig die dort lebende Bevölkerung nicht berücksichtigen, zu überwinden. Denn diese Vorstellung, die zudem bis in die Gegenwart häufig als Leitbild diente und noch dient, hat erheblich dazu beitragen, dass aktuell »die Indigenen […] bedroht [sind] in ihrer physischen, kulturellen und spirituellen Existenz, in ihren Identitäten und ihren Lebensweisen, in ihrer Andersartigkeit, in ihren Territorien und Projekten « (Schlussdokument von Aparecida, 90).

Das »Gute Leben« im indigenen Verständnis

Die Kritik und der Widerstand eines großen Teils der Awajún und Wampis sowie anderer ursprünglicher Völker Amazoniens gegen eine Nutzung des Amazonasraumes, wie sie von der Wirtschaftsweise des sogenannten Extraktivismus vorangetrieben wird, nämlich in möglichst kurzer Zeit möglichst hohe Gewinne durch die Ausbeutung der Erde und ihrer Ressourcen zu erzielen, gründet in ihrer Konzeption des Buen Vivir, des »Guten Lebens«. Viele einheimische Völker Amazoniens, darunter auch die Awajún und Wampis, mit denen ich seit Jahren in Kontakt bin, haben im Andenraum ihre jeweiligen Konzepte des »Guten Lebens « entwickelt. In ihren zentralen Dimensionen haben diese vieles gemeinsam. Mit dem Buen Vivir, so wie es die autochthonen Völker gemäß ihrer Weltsicht oder Kosmovision verstehen, bringen diese Völker ihre Beiträge in die Debatten um Wachstum, Entwicklung und Fortschritt angesichts von Klimakrise, ernster Gefährdung der Ökosysteme des Amazonasgebietes und unseres Planeten insgesamt sowie angesichts großer sozialer Ungleichheiten weltweit ein.

Die Grundlage der Konzeption des »Guten Lebens« dieser Völker bildet das ganzheitliche indigene Weltbild, gemäß dem der Kosmos ein komplexes Beziehungsgefüge ist, innerhalb dessen die verschiedenen Teile kontinuierlich miteinander interagieren. In diesem Beziehungsgefüge sind nicht nur die Menschen Akteure, sondern ebenso die anderen Lebewesen. Daher bedeutet »leben« immer »in Beziehung leben«. Im Beziehungsgefüge zwischen allem Lebendigen bestehen zahlreiche Interdependenzen, die es zu beachten gilt. Der Mensch hat eine besondere Rolle innerhalb des komplexen kosmischen Beziehungsgefüges.

In der Konzeption und Praxis des »Guten Lebens« kommt ein Weisheitswissen vieler Generationen von Awajún und Wampis und anderer indigener Völker in Bezug auf das Leben der Menschen miteinander und mit der Erde zum Ausdruck. Es geht um ein Buen Con-vivir, ein gutes Zusammenleben, das ein Buen hacer, eine gute – im Sinn von kohärente und ausdauernde – Praxis erfordert. Es ist ein Horizont, ein Ideal, auf das hin sich die Personen immer wieder neu gemeinschaftlich ausrichten müssen. Denn »Gutes Leben « verlangt die Entwicklung von Gemeinschaftssinn und die innere Bereitschaft, nicht nur für das eigene Wohl zu sorgen, sondern sich zugleich auch für das Gemeinwohl zu engagieren, sowie eine Haltung des Respektes vor den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft und die Praxis von Reziprozität und Solidarität. Die beiden Prinzipien gelten nicht nur für die Beziehungen zwischen den Menschen, sondern ebenso für die Beziehungen zwischen diesen und den anderen Lebewesen in der Natur. Der Leiter einer Awajún-Organisation, Santiago Manuin, formulierte das folgendermaßen: »Der Regenwald hilft uns zu leben, wenn wir es verstehen, ihn zu schützen und für ihn zu sorgen.«

Eine besondere Kosmovision

Zu einem »Guten Leben« gehört im Verständnis der Awajún und Wampis auch die Anerkennung grundlegender Rechte wie das Recht auf eine gute öffentliche Gesundheitsversorgung und eine gute Schulbildung sowie auf Konsultation und Mitsprache bei Großprojekten auf ihren angestammten Territorien. Bei seiner Begegnung mit Repräsentantinnen und Repräsentanten einheimischer Völker in Puerto Maldonado bekräftigte Papst Franziskus mit den Worten der Enzyklika Laudato si’, dass es unumgänglich ist, »den Gemeinschaften der Ureinwohner mit ihren kulturellen Traditionen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Sie sind nicht eine einfache Minderheit unter anderen, sie müssen vielmehr die wesentlichen Ansprechpartner werden, vor allem wenn man mit großen Projekten vordringt, die ihre Gebiete einbeziehen« (LS 146). Für die ursprünglichen Völker Amazoniens gibt es kein »Gutes Leben« ohne eigenes Territorium; Buen Vivir (»Gutes Leben«) und el territorio (das Territorium) gehören untrennbar zusammen. Ein junger Leiter der Awajún sagt hierzu erläuternd in einem Interview: »Das Territorium ist ein grundlegender Faktor für unsere Entwicklung. Denn in ihm haben wir das Wasser, den Regenwald und andere Güter, die wir nutzen und die nicht nur für uns, sondern für das Leben der gesamten Menschheit von fundamentaler Bedeutung sind.« Und Santiago Manuin betont: »Der Indigene lebt in enger Verbindung mit seinem Territorium. Dies ist mehr als die Erde, die wir bebauen. Hier sind unsere Heiligen Orte, hier ist unsere Kosmovision verortet, unsere Religiosität.« Eine weitere Charakteristik der Konzeption des »Guten Lebens« der autochthonen Völker ist, dass sie eine dynamisierende Kraft zur Veränderung der gegebenen Verhältnisse hat. Die guatemaltekische Theologin Ernestina López Bac weist in einem Interview darauf hin, dass das »Gute Leben« »ein Lebensprojekt ist, das von Generation zu Generation neu gestaltet wird« in Antwort auf die jeweiligen Kontexte mit ihren Potenzialen und Herausforderungen. »Es hat seine Wurzeln in der Weisheit und Erfahrung der Vorfahren, aber es erneuert und aktualisiert sich, damit die jeweils nachfolgenden Generationen es annehmen können« und aus seiner Kraft den Projekten zu widerstehen vermögen, die das Überleben der indigenen Völker bedrohen.

Denn das »Gute Leben« motiviert die Personen, nicht in der bestehenden Situation mit ihren strukturellen Ungerechtigkeiten und großen ökologischen Gefährdungen untätig zu verharren, sondern wahrzunehmen, dass eine andere Welt möglich ist, und sich für nötige Veränderungen einzusetzen. Zugleich sei an dieser Stelle angemerkt, dass eine kohärente und ausdauernde Praxis des »Guten Lebens« für die Gemeinschaften der autochthonen Völker angesichts des starken Einflusses einer Kultur des gesteigerten Konsumismus, der Gewinnmaximierung um jeden Preis und eines ausgeprägten Individualismus auch im Amazonasgebiet ein beständiges Ringen ist.

Eine Kirche mit dem Antlitz Amazoniens

Das Vorbereitungsdokument spricht von »neuen Wegen für eine Kirche mit dem Antlitz Amazoniens«. Zudem hat Papst Franziskus während seiner Begegnung mit den einheimischen Völkern und den anderen Bevölkerungsgruppen im Amazonasgebiet Perus die Ortskirchen eindringlich darum gebeten, mehr zu einer Kirche mit indigenem Gesicht zu werden: »Es ist unbedingt notwendig, dass die ursprünglichen Völker [Lateinamerikas] kulturell die Ortskirchen im Amazonasgebiet formen.« Damit sich dieser Wandel vollziehen kann, muss die Kirche sich innerlich wie äußerlich auf den Weg an die Peripherien der Gesellschaft machen, um mit den Menschen dort solidarisch zu sein und diesen Menschen und von deren Orten am Rand der Gesellschaft her das Evangelium als frohmachende und befreiende Botschaft zu verkünden. Kardinal Hummes drückt es provokant aus: »Die Kirche im Amazonasgebiet muss ihre Präsenz erneuern. Dazu muss sie sich aus ihrem Lehnstuhl erheben und andere, das heißt neue Wege einschlagen, nämlich Wege in die Randgebiete, an die Orte mit der größten Not.«

Mit Wagemut neue Wege erkunden

Im Verlauf des Prozesses breiter Konsultationen zum Vorbereitungsdokument der Synode zeigte sich sehr klar, wie notwendig es ist, wirklich »neue« Wege zur Verkündigung des Evangeliums im Kontext Amazoniens zu entwerfen. Dazu bedarf es verschiedener Sprachformen und Ausdrucksweisen, die sensibler sind gegenüber den diversen Kulturen und der großen Heterogenität im Amazonasgebiet. Wie insbesondere die jungen Menschen betonen, bedarf es einer »frischeren« und lebendigeren Sprache, die fähig ist, die Herzen der Menschen anzurühren, und die zugleich zu denken gibt, und zwar nicht nur im Hinblick auf den persönlichen Lebenssinn, sondern auch in Bezug auf den Sinn des menschlichen Zusammenlebens in der Gesellschaft und mit der Natur. Es bedarf neuer Wege für eine ganzheitliche Verkündigung der frohen Botschaft, die ebenso die soziale Dimension einschließlich der Gendergerechtigkeit umfasst wie auch die ökologische, symbolische und sakramentale Dimension.

Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass im Amazonasgebiet die jungen Menschen die Mehrheit der Bevölkerung bilden. Sie sind an erster Stelle von der Verschlechterung der Umwelt aufgrund von zunehmenden ökologischen Schäden und gesellschaftlichem Verfall in Amazonien betroffen. Daher ist es unbedingt erforderlich, dass die Evangelisierung eine erneuerte Option für die Jugend im Amazonasgebiet beinhaltet, um die jungen Menschen zu begleiten, mit ihnen neue Horizonte zu erschließen und sie zu motivieren, sich mit ihren Kenntnissen, Talenten, Träumen und Hoffnungen sowie ihrer Kreativität für den Erhalt Amazoniens als intaktem Lebensraum zu engagieren.

Mutiges Nachdenken über neue kirchliche Dienste

Die Erkundung neuer Wege für die Kirche muss »geerdet« sein und somit von der Realität ausgehen, dass es in der Kirche Amazoniens generell einen großen Mangel an Missionarinnen und Missionaren und insbesondere einen starken Priestermangel gibt; Letzteres trifft insbesondere im Hinblick auf indigene Priester zu. Das hat gravierende Konsequenzen für die Pastoral, führt es doch vielfach dazu, dass es keine kontinuierliche und von Nähe zu den Menschen geprägte Präsenz der Kirche inmitten der ärmsten, verwundbarsten und geografisch wie gesellschaftlich isoliertesten Bevölkerungsgruppen gibt. Mit anderen Worten: Es gibt nur wenige Priester und eine große Anzahl von Gemeinden, die pastoral kaum begleitet werden von einem Priester und seinem Pastoralteam. Bischof Erwin Kräutler, der jahrzehntelang Bischof der Diözese Xingú war, hat wiederholt in Interviews auf diesen pastoralen Notstand aufmerksam gemacht und gesagt: »Im Amazonasgebiet können 70 Prozent der christlichen Gemeinden nur drei- oder viermal im Jahr die Eucharistie feiern, manchmal sogar noch weniger.« Sein Beitrag sowie die Eingaben von Kardinal Hummes und vieler anderer Bischöfe im brasilianischen Amazonasgebiet haben dazu geführt, dass dieses Thema ins Vorbereitungsdokument aufgenommen wurde. Dort heißt es, dass »dringend die für heute notwendigen Dienstämter evaluiert und neu durchdacht werden müssen, damit sie den Aufgaben einer Kirche mit dem Gesicht Amazoniens und einer Kirche mit indigenem Antlitz entsprechen. [Daher ist es eine] Priorität, neue Ämter und Dienste für die verschiedenen Verantwortlichen der Pastoral vorzuschlagen, die für die Aufgaben und Verantwortlichkeiten in den Gemeinden zuständig sind« (Nr. 81).

Im Vorbereitungsdokument wird »die zentrale Rolle, welche die Frauen in der Kirche Amazoniens ausüben «, gewürdigt und anerkannt, dass es angesichts dieser Tatsache notwendig ist, »Klarheit zu schaffen über die Art offizieller Dienstämter, die den Frauen übertragen werden können« (Nr. 81). Zudem wird es für notwendig befunden, »dem indigenen und aus der Region stammenden Klerus unter Berücksichtigung seiner eigenen kulturellen Identität und Werte Rückendeckung zu geben« (Nr. 81). Mit diesen Überlegungen haben sich die Verfasser des Vorbereitungsdokumentes den Aufruf von Papst Franziskus während seines apostolischen Besuches in Brasilien zu eigen gemacht, keine Angst zu haben, »mutige und kühne Vorschläge « zu unterbreiten. Es ist eine große Erwartung an die Synode, dass sie es wagen möge, in mehrfacher Hinsicht entscheidende Schritte nach vorn zu tun, Schritte, auf die bereits seit langer Zeit viele Gläubige warten. Daher besteht die starke Hoffnung, dass Gottes Schöpfergeist während der Synode die Kirche dazu bewegt, mit offenen Ohren die Klage der Armen sowie die Klage der Erde zu hören (vgl. LS 49), sich davon anrühren zu lassen und mit Mut neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie zu beschreiten.

Foto: Birgit Weiler
Für die indigenen Völker hat ihr Territorium einen ganz besonderen Wert. Es ist nicht nur Lebensgrundlage, die Nahrung schenkt, sondern auch ein wichtiger Ort mit spiritueller Bedeutung.
Foto: Birgit Weiler
Das Amazonasgebiet beherbergt unzählige Pflanzen- und Tierarten und ein Drittel der Urwälder der Erde, weshalb es immer wieder als die »grüne Lunge« des Planeten bezeichnet wird.
Foto: Birgit Weiler
Eine Studentin aus dem Volk der Awajún arbeitet auf einem Feld der kirchlichen Landwirtschaftsschule.
Foto: Birgit Weiler
Viele der christlichen Gemeinden im Amazonasgebiet können nur selten Eucharistie feiern, weil es nur wenige Priester gibt. Für die Lösung dieses Problems erhoffen sich die Gemeinden Impulse von der Amazonassynode.
Foto: Sr. Maria Teresa Rubido
Birgit Weiler arbeitet mit jungen Awajún-Frauen in der Schule von Fé y Alegría in Wachapea, Peru, zusammen.