Sri Lanka

Aufklärungswille nach Anschlägen lässt deutlich nach

Der wahhabitische Einfluss in Sri Lanka wächst

Das Interesse an einer Aufklärung der Bombenanschläge vom Ostersonntag auf Kirchen und Hotels in Sri Lanka lässt nach Ansicht des Erzbischofs von Colombo, Kardinal Malcolm Ranjith, spürbar nach. Anhörungen einer Untersuchungskommission würden nicht mehr vom Fernsehen übertragen. Vertreter von Behörden und Parteien ergingen sich in Schuldzuweisungen, wer Hinweise auf die Anschläge vernachlässigt habe. In den Wochen vor den islamistischen Selbstmordanschlägen, bei denen am 22. April mehr als 250 Menschen getötet worden waren, habe es mehrfach Informationen des indischen Geheimdienstes zu möglichen Attacken gegeben. »Hätte ich das gewusst, hätte ich die Kirchen geschlossen und den Menschen gesagt, sie sollten zu Hause bleiben«, erklärt Kardinal Ranjith. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden von Sri Lanka sollen die Anschläge von Mitgliedern einer einheimischen islamistischen Gruppierung verübt worden sein. Drei Tage nach dem Massaker hatte die Terrororganisation »Islamischer Staat« die Anschläge für sich reklamiert. In den Tagen und Wochen nach den Anschlägen habe er etliche Kirchengemeinden, Dörfer, Moscheen und Tempel besucht, um aufkommende Spannungen zu entschärfen, teilte Kardinal Ranjith mit. Es sei manchmal schwierig gewesen, anti-islamische Racheangriffe zu verhindern. In den vergangenen 30 bis 40 Jahren habe sich der wahhabitische Einfluss in Sri Lanka verstärkt. Nun komme es darauf an, die jüngsten Anschläge und mögliche unterschwellige Spannungen bei den nächsten Präsidentschaftswahlen Anfang 2010 nicht zu instrumentalisieren, sagte Kardinal Ranjith. Unterdessen hat Sri Lanka den Ausnahmezustand überraschend um einen weiteren Monat verlängert. Nach Gewaltdrohungen radikaler Buddhisten gegen Muslime sind alle muslimischen Minister der Regierung von Präsident Mithripala Sirisena zurückgetreten. In ihrer Rücktrittserklärung forderten sie eine »ordentliche Ermittlung zu den Hintergründen der islamistischen Terroranschläge vom Ostersonntag«. Zudem beklagten sie pauschale Schuldzuweisungen und Hasskampagnen.

FOTO: KNA-BILD
Während Sri Lankas Christen weiterhin um die Opfer der Anschläge vom Ostermorgen trauern, schwindet das Interesse an einer Aufklärung der Verbrechen. Die Stimmung im mehrheitlich buddhistischen Land ist angespannt.