Länderbericht: Mali

Frieden in Westafrika

Mali: interreligiöser Dialog

von Josef Stamer

Lange Jahre galt Mali trotz seiner Armut als eines der Vorzeigeländer Afrikas – sowohl, was die demokratischen Strukturen betrifft, als auch, was das friedliche Zusammenleben einer christlichen Minderheit inmitten einer muslimischen Mehrheit angeht. Die jüngsten Ereignisse in dem Sahelland kommen für viele überraschend.

Autor

Josef Stamer

wurde 1964 als Afrikamissionar zum Priester geweiht. Seit 1966 lebt und arbeitet er in Mali (mit einer Unterbrechung von sieben Jahren als Dozent am Päpstlichen Institut für Arabisch und Islam in Rom). Er unterrichtet im von ihm gegründeten Institut de Formation Islamo-Chrétienne in Bamako, welches Multiplikatoren im christlich-islamischen Dialog ausbildet

 

Nach dem Sturz Gaddafis in Libyen wurde der Norden Malis von Tuaregkriegern mit ihren Waffen überrannt. Sie standen vorher in den Diensten der libyschen Armee. In die von ihnen angezettelte Rebellion im Norden Malis haben sich dann islamistische Gruppen eingeschleust, über die Hälfte des Landes besetzt und die Korangesetze in aller Strenge dort angewandt. Nur die militärische Intervention Frankreichs im Januar 2013 konnte die Islamisten vor einem weiteren Vordringen in den Süden des Landes aufhalten und wieder zurückdrängen. Seitdem sind der Norden und auch die Mitte des Landes der »Spielplatz« islamistischer Restgruppen, die mit Guerillamethoden die Bevölkerung verunsichern. Eine weitere Folge war ein politischer Umsturz in der Hauptstadt Bamako, der die Schwächen und Mängel der demokratischen Strukturen sichtbar machte. Auch der 2015 in Algier verhandelte Friedensvertrag mit den Vertretern der nördlichen Bevölkerungsgruppen konnte bisher nur teilweise umgesetzt werden. Wie soll Mali aus der Krise wieder herauskommen? Wie wird es weitergehen in Bezug auf Demokratie und religiösen Pluralismus?

 

Demografie und Geschichte

Die Statistik spricht zunächst einmal gegen die Möglichkeit eines interreligiösen Dialogs. Ein echter Dialog setzt eine gewisse Gleichheit der Partner voraus. Diese Gleichheit ist statistisch betrachtet in Mali jedoch nicht gegeben. Rund 85 bis 90 Prozent sind Muslime, und gerade einmal zwei bis drei Prozent Christen, darunter Katholiken und Protestanten. Für einen Großteil der Bevölkerung Malis ist das Christentum eine Randerscheinung, ein Überbleibsel der Kolonialzeit und auch immer mehr, gemäß einer gewissen islamischen Propaganda, »die Religion derer, die irregeleitet sind«. Auf das Ganze gesehen sind die Voraussetzungen für einen interreligiösen Dialog auf breiter Ebene somit kaum gegeben. In der 1992 verabschiedeten demokratischen Verfassung Malis ist dagegen eine gewisse Gleichheit grundgelegt. Sie garantiert unter dem französischen Begriff »laïcité« die religiöse Neutralität des Staates und seiner Einrichtungen, was bisher im Vergleich zu anderen Ländern Afrikas ziemlich gut funktioniert hat. Es heißt dort unter anderem: »Mali ist eine unabhängige, souveräne, unteilbare, demokratische, religiös neutrale und soziale Republik« (Art. 26 der Verfassung). Mit »religiös neutral« kann man das französische Wort »laïque« übersetzten, das es in diesem Sinne im Deutschen nicht gibt. Und schon in Artikel 2 eben jener Verfassung steht geschrieben: »Jede Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft, der Hautfarbe, der Sprache, der Rasse, des Geschlechts, der Religion und der öffentlich vertretenen Meinung ist untersagt.«

Bei dieser religiösen Neutralität (»laïcité«) handelt es sich gewiss um ein Erbe aus der Kolonialzeit, aber sie wurde nie so radikal gehandhabt wie im Mutterland Frankreich. Heute muss man diese Neutralität so verstehen, dass der Staat die freie Religionsausübung aller Gruppen nicht nur garantiert, sondern sogar fördert. Er sucht die Partnerschaft der Religionsgemeinschaften im Aufbau des Lebens der Nation. Seitens der offiziellen Texte besteht folglich kein Hindernis für den interreligiösen Dialog, auch wenn es mancherorts dann doch zu Einbrüchen und Unklarheiten hinsichtlich der Auslegung kommt.

 

Der gespaltene Islam

Was den Islam in Mali betrifft, so muss man auf zwei Dinge hinweisen: Trotz der »laïcité« in der Verfassung ist Mali ein islamisches Land. Seine Geschichte ist vom Islam geprägt. Ohne die Präsenz des Islam seit über tausend Jahren wäre Mali, wie so viele andere afrikanische Staaten, ein Land ohne Geschichte. Diese lange Geschichte hat tiefe Spuren in der Kultur, den Sprachen und der Geistesart der Menschen hinterlassen.

Aber gleichzeitig bildet diese lange Geschichte eine der Grundelemente des interreligiösen Dialogs in Mali. Der Islam war zwar über Jahrhunderte die beherrschende Religion, dabei jedoch in der Minderheit. In den vergangenen hundert Jahren erst hat er die Stammesreligionen zunehmend und ohne große Umwälzungen absorbiert. Es gab auch in der langen Geschichte kaum Versuche, diese eigentlich für Muslime untragbare Minderheitensituation mit Gewalt zu ändern. Das friedliche Nebeneinander über Jahrhunderte von Muslimen und Anhängern der traditionellen Stammesreligionen hat die tolerante Haltung der Muslime in Westafrika gefördert. Es gab eine tiefe gegenseitige Beeinflussung beider Religionen. Der Islam hat sich in Westafrika stark »inkulturiert« und mit Elementen der afrikanischen Religion vermischt. Das ist heute seine Stärke und seine Schwäche zugleich.

Der Islam, wie vorher auch die Stammesreligionen, ist mehr als nur eine Religion im westlichen Sinne. Er ist ein Gesellschaftssystem, das alle Lebensbereiche umfasst. Dennoch blieben bisher die meisten afrikanischen Muslime in ihrer Grundhaltung Afrikaner. In gewissen Krisensituationen bezog man sich auch weiterhin auf traditionelle Werte und suchte Lösungen in der Stammestradition. Heute dagegen, in den gesellschaftlichen Umwälzungen, verliert diese Beziehung zur Tradition mehr und mehr an Prestige und Kraft. Die seit Jahrhunderten in den Dörfern gelebte Grundordnung des Zusammenlebens und -schaffens in der Großfamilie ist nicht auf das Leben in der Stadt übertragbar. So finden sich viele Afrikaner im Bevölkerungsgemisch und dem Massenbetrieb der Städte nicht mehr zurecht. Nur die islamische Glaubensgemeinschaft bietet hier Halt, Orientierung und Solidarität.

Seit mehreren Jahrzehnten zeichnet sich bereits eine Islamisierung der Gesellschaft und des öffentlichen Lebens ab. Es ist ein unaufhaltsamer Vorgang. Man lebt bewusster als Muslim und zeigt dies auch öffentlich. Das Zugehörigkeitsbewusstsein zur weltweiten Islamgemeinschaft überlagert zunehmend die Stammeszugehörigkeit.
Dazu kommt, dass heute andere Kräfte am Werk sind: Es zeichnet sich ein Reformislam arabischer Prägung ab, der die Vermischung mit afrikanischen Elementen rückgängig zu machen versucht. Der Islam in Mali hat heute wenigstens zwei, wenn nicht gar mehr Gesichter und ist daher in sich gespalten. Eine gewisse Radikalisierung breitet sich aus, die damit einhergehend auch das Zusammenleben von Muslimen und Andersgläubigen erschwert und belastet.

Der Staat, obwohl offiziell religiös neutral, war gezwungen, Strukturen zu schaffen, um den Vorgängen und Gegensätzen in der islamischen Religionsgemeinschaft Rechnung zu tragen. Das war zunächst die Rolle des von der Regierung initiierten nationalen Islamrates, in dem alle religiösen Ausrichtungen offiziell vertreten sein sollten und der als Ansprechpartner für sämtliche staatlichen Stellen dienen sollte. Die Islamisteninvasion im Norden und hauptsächlich die Einführung der radikalen Islamgesetzgebung dort haben die Unzulänglichkeit dieser Institution aufgezeigt und das bisherige Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Tendenzen in Frage gestellt. Zunächst waren sich die muslimischen Führer wie die große Mehrheit der Bevölkerung in der Verurteilung der islamistischen Exzesse in Timbuktu, Gao und anderswo einig: Anwendung der Koranstrafen, Verhüllung der Frauen, Verbot aller westlichen Einflüsse wie Musik, Sport und Kleidung und ganz besonders auch die Zerstörung bedeutender Kulturdenkmäler des traditionellen Islam. Dennoch gewann man nach und nach den Eindruck, dass die jetzige Krise dem Islam, vor allem in der Person des früheren Präsidenten des Nationalen Islamrates, Imam Mahmud Dicko, eine politische Rolle zukommen lässt. So wurde seit der Übergangsregierung 2012 und bis heute ein Ministerium für religiöse Angelegenheiten geschaffen. Es wird als Gegengewicht zum radikalen Islam vorgestellt, könnte sich aber ebenfalls zu einem Instrument des politischen Islam entwickeln.

 

Junges Christentum

Das Christentum in Mali ist im Vergleich zum Islam sehr jung. Die katholische Kirche hat 2018 die Ankunft der ersten Missionare vor 130 Jahren gefeiert. Seit Beginn der christlichen Missionsarbeit versuchten die ersten Missionare, die jungen Christengemeinden gegen islamische Einflüsse abzuschotten. Liest man die damaligen Katechismen, so wird die anti-islamische Tendenz schnell offensichtlich. Dies änderte sich allmählich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Dazu kommt aber auch, dass sich der christliche Glaube von Anfang an als geteilt dargestellt hat: die katholische Kirche einerseits und die evangelikalen Missionsgesellschaften aus Amerika mit einem starken antikatholischen Einschlag andererseits. Bis heute ist der ökumenische Dialog nicht einfach, doch ist er eine absolute Notwendigkeit für die Glaubwürdigkeit des interreligiösen Dialogs.

Wenngleich im Bereich des Religiösen in der Vergangenheit eine gewisse Abschottung und Trennung stattgefunden hat, so hat es diese auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge dagegen nie gegeben. Heute kann man deshalb sagen: Die Statistik täuscht. Der Einfluss der Kirchen im Land geht weit über die oben aufgeführten zwei Prozent hinaus, woraus sich eine faktische Möglichkeit des interreligiösen Dialogs ergibt.

 

Formen des Dialogs

Der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog hat in seinem ersten Dokument über Die Haltung der Kirche gegenüber den Anhängern anderer Religionen den Dialogbegriff sehr weit gefasst. Dialog »bezeichnet nicht nur das Gespräch, sondern das Ganze der positiven und konstruktiven Beziehungen zwischen den Religionen, mit Personen und Gemeinschaften anderen Glaubens«. In den im gleichen Dokument aufgeführten Formen des Dialogs stehen an erster Stelle »der Dialog des Lebens« und dann »der Dialog der Zusammenarbeit«. In diesen beiden Feldern liegt genau der Schwerpunkt der Begegnung zwischen Christen und Muslimen in Mali.

Begegnung findet meist im Alltag des menschlichen Zusammenlebens statt. Man kann nicht von einer einheitlichen Haltung der Muslime gegenüber den Christen ausgehen. Und umgekehrt! Viele Muslime sind noch stark in der afrikanischen Tradition verwurzelt und begegnen den Christen daher mit Offenheit und Toleranz. So sind zum Beispiel Ehen zwischen einem Christen und einer Muslimin nicht unüblich, auch wenn dies gemäß des islamischen Gesetzes nicht erlaubt ist. In vielen Großfamilien kann man Angehörige beider Religionsgemeinschaften antreffen, die religiösen Feste werden dementsprechend auch gemeinsam gefeiert. Vielerorts wird den Christen aufgrund ihrer Glaubensstärke und ihrer moralischen Qualitäten von Seiten der Muslime großer Respekt entgegengebracht. Es kann jedoch durchaus auch vorkommen, dass Christen wegen ihres Glaubens im gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden. In diesem Fall weigern sich bestimmte Muslime, mit Christen gemeinsam zu essen, gemeinsam zu wohnen oder den Arbeitsplatz zu teilen.
Die Kirche Malis zeichnet vor allem aus, dass sie aus über das ganze Land verteilten lebendigen Kleinen Christlichen Gemeinschaften besteht. Diese sind in fast allen Bevölkerungsgruppen präsent und haben so eine große Ausstrahlungskraft innerhalb des islamischen Umfelds.

Zahlenmäßig das größte Feld der institutionellen Begegnung zwischen Christen und Muslimen in Mali ist ohne Zweifel das vom Staat anerkannte und geförderte christliche Schulwesen. Von der laïzistischen Kolonialverwaltung über Jahrzehnte kleingehalten, hat es sich nach der Unabhängigkeit Malis sehr stark weiterentwickelt. Auch heute, trotz der großen Konkurrenz vieler Privatschulen, hat es immer noch einen bevorzugten Platz in der Gesellschaft. Etwa 80 Prozent der Schüler kommen aus muslimischen Familien und etwa die Hälfte des Lehrerpersonals sind Muslime, die die kirchliche Erziehungscharta unterschrieben haben und mittragen. Ohne von direkter christlicher Beeinflussung auszugehen, geben die kirchlichen Schulen so die Möglichkeit, die geistigen Grundlagen für Toleranz und gegenseitigen Respekt zu legen. Viele muslimische Eltern ziehen das religiöse aber offene Klima der christlichen Schulen dem religiös neutralen oder areligiösen der staatlichen Schulen vor, ohne vom Unterschied in der Qualität des Unterrichts zu sprechen. Sie nehmen bewusst die finanzielle Belastung einer teureren Ausbildung auf sich, um ihren Kindern geistige Werte vermitteln zu lassen. Eine Reihe von malischen Persönlichkeiten in höheren Ämtern und Funktionen rühmen sich ihrer hochwertigen Ausbildung und sind dankbar dafür. Das Gleiche gilt für gewisse Strukturen der kirchlichen Jugendpastoral, in denen sich Christen und Muslime für gemeinsame Ziele und Ideale einsetzen.

In vielen Tätigkeitsbereichen der Kirche wie in der allgemeinen Entwicklungsarbeit, im Gesundheitswesen sowie im Kampf gegen Trockenheit und Hungersnot besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen. Viele Muslime sehen keinen Widerspruch darin, sich in christlichen Organisationen und Strukturen zu engagieren und dort Verantwortung zu übernehmen.

 

Dialogstrukturen

Bis in die jüngere Vergangenheit war so das Zusammenleben zwischen der christlichen Minderheit und der Mehrheit der Muslime problemlos möglich. Deshalb war auch das, was man gemeinhin unter dem Stichwort des interreligiösen Dialogs versteht, die offizielle Begegnung repräsentativer islamischer und christlicher Persönlichkeiten, eher selten. Die wenigen Begegnungen dieser Art blieben meist steif und vom Protokoll diktiert. Die Diskrepanz in der religiösen Bildung war zu groß, als dass es auf Anhieb zu einem tieferen Gedankenaustausch über theologische Verschiedenheiten kommen konnte. Dies hat sich inzwischen vor allem unter dem Einfluss der jüngsten Ereignisse im Land geändert.

Als erste Reaktion auf eine gewisse Radikalisierung in der islamischen Gesellschaft hat die Erzdiözese Bamako mit dem Zentrum »Glaube und Begegnung« (Centre Foi et Rencontre) 2001 eine Dialogstruktur geschaffen. Es gab zwar seit langem von Seiten der Kirche das Centre Djoliba als einzige Struktur eines geistigen Austauschs über gesellschaftliche Probleme, aber ohne die direkte Zielsetzung mit Blick auf den interreligiösen Dialog. Das Zentrum »Glaube und Begegnung« hat sich die Bildungsarbeit und Informationsvermittlung in Bezug auf den Islam und die anderen im Land präsenten religiösen Gemeinschaften zum Ziel gesetzt. Eine Bibliothek und verschiedene andere Formen der Information (Vorträge, Wochentagungen, Broschüren und Radiosendungen) sind die Hauptelemente dieser Aufklärungsarbeit. Regelmäßig werden Treffen organisiert, im Rahmen derer Christen und Muslime, aber auch Vertreter der Stammesreligionen, über aktuelle religiöse Themen referieren, gefolgt von einer allgemeinen Diskussion. Auch die pastorale Begleitung der konfessionsverschiedenen Ehen gehört zu den Arbeitsfeldern des Zentrums.

Dem Zentrum angegliedert ist das Institut für die Ausbildung von Multiplikatoren im christlich-islamischen Dialog (Institut de Formation Islamo-Chrétienne, IFIC). Es wird von den Afrikamissionaren betrieben und ist für das ganze frankophone Afrika zuständig. Bisher hat es etwa 150 dieser Multiplikatoren, Katholiken wie Protestanten, ausgebildet, davon etwa ein Drittel, größtenteils Laien, für die Kirche Malis.
Seit der Errichtung der Demokratie in Mali 1991 gab es die Alliance sacrée, einen inoffiziellen Zusammenschluss der religiösen Führer als Teil der Zivilgesellschaft und Ansprechpartner der Regierung. Diese berieten sich vor allem in Krisensituationen und traten gemeinsam an die Öffentlichkeit. Diese Begegnungsstruktur hat nun seit Beginn der Krise in Mali an Bedeutung gewonnen.
Seit Anfang der Krise zeigte sich eine große Solidarität der Glaubensgemeinschaften über die konfessionellen Grenzen hinweg, besonders bei der Aufnahme der Flüchtlinge aus dem Norden. Mehrere große Versammlungen wurden einberufen, bei denen sich Christen und Muslime mit ihren religiösen Führern versammelten, um den gemeinsamen Gott im Gebet um den Frieden im Land zu bitten. Bei den ersten Verhandlungen nach dem Umsturz 2012 haben der ständige Kontakt und die Abstimmung zwischen dem Präsidenten des nationalen Islamrates, dem Präsidenten der protestantischen Föderation und dem Erzbischof von Bamako eine entscheidende Rolle gespielt. Trotz der Radikalisierung gewisser islamischer Kreise ist festzustellen, dass diese Krise allgemein Christen und Muslime in Mali näher zusammengebracht hat. Auch die Ernennung des Erzbischofs Jean Zerbo zum Kardinal hat die Sichtbarkeit und das Gewicht der Christen im nationalen Dialog gestärkt.

 

Schlussbemerkungen

Der interreligiöse Dialog in Mali steht weiterhin im Dienst der Erhaltung der nationalen Einheit, die durch die Islamisteninvasion im Norden bedroht war. Für die christliche Seite geht es aber zunächst darum, in einer Gesellschaft, die immer mehr ein islamisches Gesicht annimmt, die bisherigen Freiheitsräume aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen. Die Vermittlung von Grundkenntnissen muss intensiviert werden und in einem offenen Geist geschehen, damit die Kleinen Christlichen Gemeinschaften nicht zum Ghetto verkommen. Hier ist das Engagement der Christen in der Politik sowie an der Basis, aber auch die Hinwendung zu den sozial Schwachen, der Landbevölkerung, den Frauen und zu der Jugend von großer Bedeutung.

 

FOTO: BENOIT TESSIER/REUTERS
Freitagsgebet in der Djinguereber Moschee im Zentrum von Timbuktu. Gut 85 Prozent der Malier sind Muslime, die Geschichte des Landes ist vom Islam geprägt.
FOTO: BENOIT TESSIER/REUTERS
Zerstörungswut: Islamistische Rebellen haben uralte Manuskripte im Ahmed Baba Zentrum für Dokumentation und Forschung in Timbuktu während ihrer zehnmonatigen Besetzung der Stadt zerstört. Die meisten der wertvollen Manuskripte sind jedoch unversehrt, berichten Experten.
FOTO: JOE PENNEY/REUTERS
Eine Mutter hat sich und ihr Kind mit Tüchern vor einem Sandsturm geschützt. Die malische Bevölkerung ist jung: Von den etwa 18,5 Millionen Einwohnern des Landes sind 45 Prozent noch keine 15 Jahre alt.

Mali auf einen Blick

Fläche: 1.240.192 km2, davon 60 % Wüste

Einwohner: etwa 18,5 Millionen, die zu rund 30 unterschiedlichen Ethnien gehören, die ihre eigenen Sprachen und Kulturen haben

Hauptstadt: Bamako, 3 Millionen Einwohner

Staatsform: laizistische Republik

Religionen: 85 bis 90 % sunnitische Muslime; 2 bis 3 % Christen; AnimistenBuddhismus (95 %), Islam (4 %), Christentum, Hinduismus, Animismus

Wirtschaft: hauptsächlich Landwirtschaft, Bergbau und Export von Rohstoffen wie Gold, Baumwolle und Düngemittel

Offizielle Landessprache: Französisch

Quelle: The World Factbook; Auswärtiges Amt

Menschenrechtsstudie zu Mali

Lesen sie jetzt auch die neue Menschenrechtsstudie zum Thema „Religion, Gewalt und Frieden in Mali“, die missio kürzlich veröffentlicht hat. Sie können die PDF-Version der Studie hier     kostenlos herunterladen:

Weitere Informationen sowie frühere Menschenrechtsstudien finden Sie hier: https://www.missio-hilft.de/informieren/wofuer-wir-uns-einsetzen/religionsfreiheit-menschenrechte/menschenrechtsstudien/