Das Kinderschutzzentrum der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom (CCP) sieht weltweite Bewegung beim Thema Missbrauch. Das gelte auch dort, wo Missbrauchsbekämpfung und Kinderschutz bislang keine Themen waren, sagte die Expertin Schwester Karolin Kuhn der Katholischen Nachrichten-Agentur in Rom. Die aus München stammende Theologin, Sozialarbeiterin und Pädagogin arbeitet beim CCP seit Anfang 2018 als Dozentin. Von Jahr zu Jahr gebe es ein gesteigertes Interesse an den Angeboten des Zentrums. Die Ordensfrau berichtete aber auch von viel Ungleichzeitigkeit der Erfahrungen. So könne man mit Personen „aus einem Land, in dem Missbrauch erst langsam ins Bewusstsein kommt, nicht von null auf hundert durchstarten“. Im Extremfall könne es auch für Geschulte „lebensgefährlich werden, wenn sie zurückkommen und mit ihrem neuen Wissen Skandale ansprechen“. Das CCP bietet halbjährige Diplom- sowie zweijährige Lizentiatskurse für Kirchenmitarbeiter an, die im Kampf gegen Missbrauch tätig sind. Hinzu kommen Online-Kurse mit rund 70 Partnerinstitutionen weltweit. Manche Absolventen sorgten sich, wie sie mit ihren neu gewonnen Einsichten zuhause empfangen werden, führte die Ordensfrau aus. In manchen Ländern werde nicht mal über Sexualität gesprochen, geschweige denn über sexuellen Missbrauch. Männer- und Frauenrollen seien noch völlig anders verteilt, ebenso „das Verständnis davon, was ein Kind ist“. Unterdessen haben Opfervertreter ein Jahr nach dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan eine gemischte Bilanz gezogen. Einerseits hätten der Papst und seine Organisatoren „sehr viel erreicht, indem sie das Thema zum weltweiten Gespräch gemacht haben“, sagte Anne Barrett Doyle von der US-Organisation BishopAccountability.org. Auch neue Gesetze wie „Vos estis lux mundi“, das die Verfahren bei Verdacht auf Missbrauch regelt, ebenso wie die Aufhebung des Päpstlichen Geheimnisses seien wichtige Schritte. Andererseits gebe es etliche offene Fragen: „Wie werden die neuen Regeln durchgesetzt? Welche Folgen haben Verstöße? Was geschieht, wenn es keine staatliche Mitteilungspflicht gibt?“, kritisierte Phil Saviano den im Mai verfügten Erlass des Papstes. Saviano hatte sich als einer der ersten von Missbrauch Betroffenen öffentlich zu Wort gemeldet, was mit zu den Recherchen des „Boston Globe“ 2002 führte. Zu oft benötigten Bischöfe noch den kombinierten Druck von Opferverbänden und Medien, kritisierte Matthias Katsch vom „Eckigen Tisch“ in Deutschland. „Was die Bischöfe dazu bringt, etwas zu tun, sind schlechte Schlagzeilen, nicht die Verbrechen des Missbrauchs“, sagt Doyle.