Frieden und Zusammenhalt

Hexenwahn weltweit – Papua-Neuguinea im Fokus

 

von Katja Nikles

In den letzten 60 Jahren wurden weltweit mehr Menschen als vermeintliche Hexen und Hexer getötet als in circa 350 Jahren europäischer Hexenjagden zusammen.

Der Historiker Dr. Werner Tschacher macht mit diesen Worten auf eine erschreckende Entwicklung aufmerksam. Bilder von aufgebrachten Menschen, die Frauen oder Männer festhalten, foltern oder töten, weil man von ihnen behauptet, sie seien Hexen oder Hexer, verbinden zwar viele mit dem dunklen Kapitel der Hexenjagden in Mitteleuropa. Jedoch sind sich Expertinnen und Experten einig, dass das Phänomen des Hexenwahns in den vergangenen Jahrzehnten weltweit stark zugenommen hat und bereits unzählige Frauen und Männer zu Opfern geworden sind.

Dr. Katja Voges

Autorin

Katja Nikles

ist theologische Referentin bei missio Aachen für Religionsfreiheit und Menschenrechte.

 

Das Internationale Katholische Missionswerk missio macht in Publikationen und Aktionen exemplarisch auf die dramatische Situation in Papua-Neuguinea aufmerksam. In dem nördlich von Australien im Pazifik gelegenen Land kommt es immer wieder zu brutalen Folterungen und zum Tod von Personen, die der Hexerei beschuldigt werden. Auslöser für diese Verbrechen ist die Annahme, dass Schicksalsschläge wie Krankheiten oder Tod auf das Handeln von Hexen zurückzuführen sind. Die Anklagen sind dabei willkürlich und oft reichen schon einfache Anschuldigungen oder Träume von Angehörigen der Opfer aus, um Unschuldige als Hexen zu stigmatisieren. Durch qualvolle Foltermethoden in der Öffentlichkeit wird dann versucht, den Angeklagten ein Geständnis zu entlocken. Selbst staatliche Akteure wie die Polizei sind bei
diesen Misshandlungen anwesend und schreiten nicht ein. Es bleibt vor allem Einzelpersonen, nichtstaatlichen Organisationen sowie Kirchen überlassen, den Opfern zu helfen und präventive Maßnahmen zu ergreifen.

Die katholische Ordensfrau und missio-Projektpartnerin Schwester Lorena hat sich dem Kampf gegen den Hexenwahn in Papua-Neuguinea verschrieben. Durch ihr mutiges Einschreiten während laufender Misshandlungen vermeintlicher Hexen wurde sie bereits selbst bedroht und verletzt. Sie setzt sich für die von der Gemeinschaft ausgeschlossenen Opfer ein, gibt ihnen Hoffnung und Perspektiven, um auch nach der traumatischen Erfahrung wieder den Weg ins Leben zu finden.

In Zusammenarbeit mit dem Steyler Missionspriester und Anthropologen Philip Gibbs veröffentlicht missio im August 2020 eine Fallstudie zum Thema Hexenwahn in Papua-Neuguinea, bei der Christina im Mittelpunkt steht. Christina ist eine mutige Frau, die als vermeintliche Hexe angeklagt, grausam gefoltert und aus ihrer Gemeinschaft verstoßen wurde. Sie hat die Gewalttaten überlebt, die Täter sind weiter auf freiem Fuß. Die Dokumentation dieses Verbrechens hilft dabei, zugrundeliegende Ursachen und Strukturen zu analysieren und – etwa vor den Vereinten Nationen – darauf zu drängen, gegen die Gewaltexzesse vorzugehen.

Um Menschen in Deutschland und weltweit auf die verheerenden Folgen des Hexenwahns aufmerksam zu machen und um Akteurinnen und Akteure zu vernetzen, ruft missio für den 10. August 2020
erstmals den Internationalen Tag gegen Hexenwahn ins Leben. Informieren Sie sich über Aktionen und Unterstützungsmaßnahmen von missio unter www.missio-hilft.de/hexen     .

Die Fallstudie von Christina finden Sie im Internet unter www.missio-hilft.de/informieren/wofuer-wir-uns-einsetzen/religionsfreiheit-menschenrechte/menschenrechtsstudien/     Die gedruckte Version können Sie unter
anfordern.

FOTO: BETTINA FLITNER/MISSIO
Christina und Sr. Lorena in einer Kirche in Kundiawa. Christina ist Überlebende einer „Hexen“-Verbrennung 2012 in der Nähe von Mendi und wohnt nun weit entfernt in Kundiawa, Papua Neuguinea, 2/2017