Rassismus bekämpfen

Weiße Privilegien

Warum man rassistisch handeln kann, ohne ein Rassist zu sein

von Sebastian Laschet

Anhand persönlicher Beispiele aus seinem Leben entlarvt der weiße Student Sebastian Laschet Alltagsrassismus und weiße Privilegien. Er weiß, dass die Auseinandersetzung damit nicht einfach ist und ein hohes  Maß an Selbstreflexion erfordert. Er macht aber auch klar, dass es einen gewaltigen Unterschied gibt zwischen »rassistischem Handeln« und »Rassist sein«.

 

Im Frühjahr des vergangenen Jahres kamen in den USA mehrere Afroamerikaner durch Polizeigewalt ums Leben, was die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit weckte. Auch in Deutschland ist danach die Debatte um das Thema Rassismus wieder aufgeflammt. Dabei konnte man gut beobachten, dass vor allem weiße Menschen immer wieder darauf aufmerksam machen wollten, dass Rassismus in Deutschland schon längst überwunden sei und nur noch einzelne radikale Extremistinnen und Extremisten aktiv rassistisch agieren würden. Auffällig an den meisten Debatten war, dass sie oft von einer starken weißen Emotionalität überschattet wurden, sodass letzten Endes wieder nur weiße Menschen und deren Unwohlsein mit der Thematik im Vordergrund standen.[1]

Autor

Sebastian Laschet

studiert Geographische Entwicklungsforschung Afrikas (Bachelor) in Bayreuth und arbeitet seit April 2020 als wissenschaftliche Hilfskraft in der Abteilung Theologische Grundlagen bei missio Aachen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Postkolonialismus, Dekolonialität sowie die Untersuchung sozialer, politischer, wirtschaftlicher und geographischer Aspekte im südlichen und östlichen Afrika.

Weißsein

 

Weiße Menschen: Ich betone die Hautfarbe hier bewusst, weil sie für Weiße normalerweise keine Rolle spielt und die Konfrontation mit ihr ein unbequemes Gefühl in ihnen auslöst. Weißsein ist für viele so normal, weil sie sich im Alltag um ihre eigene weiße Hautfarbe keine Gedanken machen müssen und dadurch – für Weiße meist unsichtbare – Privilegien genießen, die nicht für alle selbstverständlich sind.

Weiße Privilegien: Diesen Begriff möchte ich konkretisieren, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig es gerade für weiße Menschen ist, sich mit ihrem eigenen Weißsein kritisch auseinanderzusetzen. Weiße Privilegien (White Privilege) ist ein Begriff, der in den USA schon seit Jahrzehnten existiert und allmählich auch Eingang in den deutschen Diskurs findet. Weiße Privilegien zu haben bedeutet, als Weiße oder Weißer in einer Gesellschaft zu leben, in der weiße Menschen aufgrund ihres Aussehens begünstigt werden und Vorteile genießen, die sie nicht selbst erarbeitet haben. Schwarze Menschen und PoC (People of Color) besitzen diese Privilegien nicht.

Wichtig ist es zu betonen, dass der sozioökonomische Statuts dabei irrelevant ist. Die Ungleichheitsforscherin Aylin Karabulut betont, dass arme und leidende weiße Menschen über die gleichen weißen Privilegien verfügen wie wohlhabende und glückliche weiße Menschen.[2] Privilegien, die weiße Menschen genießen, reichen von vermeintlichen Kleinigkeiten wie »hautfarbenen« (hellbeigen) Pflastern, die es meist nur in einer passenden Farbe zu kaufen gibt, bis hin zu klaren Vorteilen bei der Wohnungs- und Jobsuche. Sie sind kein reines Abstraktum, an das man entweder glauben kann oder nicht, sondern ein wissenschaftlich bewiesener integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. [3]

 

Rassistische Vorurteile

 

Bevor es zu theoretisch wird, möchte ich von Situationen berichten, in denen ich mir meiner Privilegien selbst bewußt geworden bin und in denen ich – rückblickend betrachtet – selbst ...

 

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FOTO: GETT Y IMAGES/MICHAEL CIAGLO
Es reicht nicht mehr, nur mit dem Finger auf die USA oder andere zu zeigen. Wir alle sind Teil des gesellschaftlichen Systems. Rassismus geht uns daher alle etwas an. Seit Jahren klären Schwarze Menschen und PoC über Rassismus auf. Nun sind wir als weiße Menschen dazu herausgefordert, unsere eigene Rolle samt der damit einhergehenden weißen Privilegien zu hinterfragen.

[1] Die amerikanische Antirassismustrainerin und Wissenschaftlerin Robin DiAngelo entwickelte vor diesem Hintergrund das soziologische Konzept der White Fragility (Weiße Zerbrechlichkeit), vgl. Robin DiAngelo, Wir müssen über Rassismus sprechen. Was es bedeutet, in unserer Gesellschaft weiß zu sein, Hamburg 2020.

[2] Aylin Karabulut im Podcast "Made in Germany" Folge 15, link     (22.10.20).

[3] Zu Benachteiligungen von Schwarzen/PoC und damit auch zu Privilegien von Weißen bei der Wohnungs- oder Jobsuche liegen mehrere Studien vor. Vgl. beispielsweise: Laura Elisabeth Schmid, Ethnische Diskriminierung bei der Wohnungssuche. Feldexperimente in sechs deutschen Großstädten, Konstanz 2015.