Pastorale Vernetzung

Länderbericht Zentralafrikanische Republik

Ein gebeuteltes Land: In der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) ist die Kirche für viele Menschen die einzige Hoffnung

von Maryvonne Palessonga und Annette Funke

Regionale machtpolitische und wirtschaftliche Interessen haben in den vergangenen Jahren zu zahreichen Krisen in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) geführt. Trotz einer UN-Mission und eines Friedensabkommens geht die Gewalt weiter, etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt in Flüchtlingscamps. Seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2020 hat sich der bewaffnete Konflikt wieder zugespitzt. Obwohl die Herausforderungen enorm und die Perspektiven eher düster sind, gibt es auch Hoffnungszeichen: etwa eine interreligiöse Plattform, die sich gegen Gewalt stellt und das Engagement der Kirche, das die Lebensbedingungen der Menschen vielerorts verbessert.

Bêafrîka – »Herz Afrikas« – heißt die Zentralafrikanische Republik (ZAR) auf Sango. Die gemeinsame Landessprache gaukelt Einheit vor und täuscht darüber hinweg, dass es verschiedene Bevölkerungsgruppen und lokale Sprachen gibt, die Landesgrenzen keine natürliche Grenze darstellen und das Land große regionale Unterschiede aufweist.

Die ZAR gehört zu den ärmsten Ländern, der Entwicklungsindex (HDI) verweist sie auf den vorletzten Platz weltweit. Es fehlt an Straßen, medizinischer Versorgung, öffentlichen Bildungseinrichtungen und funktionierenden Verwaltungsstrukturen. Armut und Rohstoffreichtum sind Nährboden für Gewalt und Konflikte verschiedener Art.

Autorin

Maryvonne Palessonga

ist Kongolesin und gehört seit über 40 Jahren der Gemeinschaft der Kleinen Schwestern vom Herzen Jesu (Fraternité des Petites Soeurs du Coeur de Jésus) an, einer zentralafrikanischen Ordensgründung nach der Spiritualität von Charles de Foucauld. Sie hat als Literaturwissenschaftlerin und als Kirchenrechtlerin in der Priester- und Ordensausbildung in Bangui und Yaoundé gelehrt. Sie ist derzeit Generaloberin ihrer Gemeinschaft und hat dafür ihre Promotion in Kirchenrecht in Rom unterbrochen.

Autorin

Annette Funke

arbeitet seit zehn Jahren in der weltkirchlichen Entwicklungszusammenarbeit. Sie hat in den letzten Jahren in der ZAR gelebt und als Friedensfachkraft (ZFD) für AGIAMONDO e.V. mit der Ordensgemeinschaft der Spiritaner zusammengearbeitet.

Seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich 1960 hat das Land zahlreiche Krisen, gewaltvolle Machtwechsel und Militärinterventionen erlebt. 2012–2013 eskalierte der Konflikt zwischen Seleka- Rebellen – einem Zusammenschluss verschiedener bewaffneter Gruppen aus dem Norden des Landes – und Anti- Balaka – heterogenen bewaffneten Gruppen aus Bürgerwehren und ehemaligen Militärs des Südens. Es kam zum Putsch, zu Massakern, Plünderungen und landesweiten Fluchtbewegungen. Bis heute lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung in Flüchtlingscamps.

Mit internationaler Vermittlung wurde 2014–2015 eine zivile Übergangsregierung gebildet und 2016 eine neue Regierung unter Präsident Touadera gewählt. Die Regierung kontrolliert jedoch nur die Hauptstadt und etwa 20 Prozent des Territoriums. Die anderen Landesteile stehen unter der Kontrolle von 14 verschiedenen bewaffneten Gruppen, die sich als regionale Herrscher etablieren konnten, sich um die Sicherung ökonomisch-strategischer Standorte gegenseitig bekämpfen und weiterhin schwere Menschenrechtsverbrechen begehen. Sie kontrollieren Diamanten- und Goldminen, den regionalen und grenzüberschreitenden Handel, erheben Steuern und halten Gericht.

Die Unsicherheit im Land und die informellen Wirtschaftsaktivitäten bedingen sich und erhalten einander. Dazu tragen auch die Politik und internationale Akteure bei und stabilisieren den Status quo. Trotz einer UN-Friedensmission mit aktuell 14.200 Blauhelmen und eines Friedensabkommens ...

Kompletten Beitrag in der Druckausgabe lesen    

FOTO: ANNETTE FUNKE
Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt aufgrund der zahlreichen Konflikte in Flüchtlingslagern. Oft sind es Frauen, die Verantwortung übernehmen und für Stabilität sorgen, auch in der Kirche.
FOTO: ANNETTE FUNKE
Mitschwestern der Autorin Sr. Maryvonne Palessonga. Sie gehören zur Gemeinschaft der Kleinen Schwestern aus Bangui.

Zentralafrikanische Republik auf einen Blick

Hauptstadt: Bangui
Fläche: 623.000 Quadratkilometer
Einwohner: 4,7 Millionen
Amtssprachen: Französisch, Sango
Lebenserwartung bei Geburt: 52,8 Jahre
Alphabetisierungsrate bei Erwachsenen: 36,8 %
Religion: etwa 50 % Christen, 15 % Muslime
Rohstoffe: Diamanten, Gold, tropisches Holz, Uran, Erdöl
Weltentwicklungsindex (HDI): Platz 188 von 189 (2019)

Quellen: UNDP, HDR

Karte: Johannes Weitzel 2021
Karte Zentralafrikanische Republik