Interreligiöser Frieden

Frauen als Friedensstifterinnen

 

Die Arbeit des Women’s Interfaith Council in Nigeria

von Elisabeth M. Abuk

Frauen spielen im öffentlichen Leben in Nigerias Bundesstaat Kaduna kaum eine Rolle. Sie werden benachteiligt, ausgegrenzt, müssen für ihre Rechte kämpfen. Dabei sind sie es, die ihren Kindern im Rahmen der Erziehung die Werte für ein friedliches Miteinander vermitteln. Frauen zu unterstützen und ihr Potenzial als Friedensstifterinnen im christlich-muslimischen Dialog zu fördern, ist das Anliegen des Women Interfaith Council.

Auslöser für religiöse Krisen ist meist ein falsches Verständnis der Lehren anderer Religionen oder Glaubensrichtungen, das darin mündet, auf andere Religionen herabzublicken, sie zu beleidigen oder als minderwertig zu deklarieren und gleichzeitig die eigene Religion als die beste und überlegene darzustellen. Und genau das dient den Menschen als eine vermeintliche Rechtfertigung für Anfeindungen und abfällige Äußerungen sowie für Hass auf andere Religionen, was in der Folge religiöse Krisen befeuert, vor allem in Nigeria. Mitunter werden Zitate oder Aussagen in religiösen Schriften aus dem Kontext gerissen oder von Menschen anderen Glaubens falsch interpretiert. Auch das trägt stark zur Spaltung und Ablehnung von Menschen des anderen Glaubens bei. Diese Spaltung sowie die Verständnis- und Wahrnehmungsdefizite lassen sich nur durch den interreligiösen Dialog beseitigen. Er ist das einzige Forum, das Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zusammenbringt, um Licht in Grauzonen zu bringen und das Verständnis für Menschen anderer Religionen bezüglich der Kernbedeutung einiger fachlicher oder bildlicher Ausdrücke in ihrem religiösen Kontext zu verbessern.

Autorin

Elisabeth M. Abuk

ist die christliche Koordinatorin des Interreligiösen Forums der muslimischen und christlichen Frauenvereinigung, auch bekannt als Women Interfaith Council (WIC), einer gemeinnützigen, nichtstaatlichen, interreligiösen und ehrenamtlichen Organisation, die 2010 durch die Initiativen der Schwestern unserer Lieben Frau von den Aposteln (OLA) und einiger weiblicher Glaubensführer im Staat Kaduna, Nigeria, gegründet wurde.

Missverständnisse ausgeräumt

Ich glaubte beispielsweise immer, das muslimische Wort »Arne« oder »Kafri« sei eine abwertende Bezeichnung für einen Christen. Was ich nicht wusste, war, dass nicht die Christen im Speziellen gemeint sind, sondern das Wort einfach »Ungläubiger« bedeutet, also schlichtweg »jemand, der weder glaubt noch Dinge tut, die Gott den Menschen befohlen hat«. Und das entspricht ziemlich genau der Definition eines Ungläubigen in der Bibel. Zudem erfuhr ich, dass es egal ist, ob jemand aufgrund seiner Herkunft oder Geburt Muslim oder Christ ist. Sollte diese Person, unabhängig von ihrer Herkunft oder Geburt, jedoch nicht die Worte und Gebote Gottes in der Bibel oder im Koran befolgen, dann gilt sie als Ungläubiger. Das heißt letztlich, dass wir dasselbe mittels unterschiedlicher Begriffe sagen. Ohne diese Erklärung, die ich bei unserem interreligiösen Dialog mit den Muslimen erhalten habe, hätte ich dies aber nicht gelernt. Auch mit dem Wort »Dschihad« hatte ich als Christin immer meine Probleme. Für mich ist es die Aufforderung an die Muslime, die Christen zu bekämpfen und zu töten oder Menschen zu zwingen, zum Islam zu konvertieren. Dies glauben viele von uns und haben deshalb eine negative Einstellung zu Muslimen und zum Islam im Allgemeinen. Durch viele interreligiöse Gespräche mit Muslimen habe ich jedoch erfahren, dass der »Dschihad« seiner eigentlichen Bedeutung nach nicht zwangsläufig den Gebrauch einer physischen Waffe einschließt. Vielmehr ist damit gemeint, durch gute Taten das Herz eines Menschen für den Islam zu gewinnen. Ich war schockiert angesichts dieser Erkenntnis, weil es bedeutet, dass viele Menschen, einschließlich der Muslime selbst, die Bedeutung des Wortes »Dschihad« völlig falsch auslegen und ihn als Rechtfertigung dafür nutzen, Morde zu begehen oder Konflikte zu entfachen. Und für viele Menschen, die dem gleichen Irrglauben unterliegen, ist der Islam deshalb eine Religion der Krise und der Gewalt. Diese Auffassung führte immer wieder zu Spaltung, Absonderung und sogar Hass. Durch den interreligiösen Dialog hat sich meine Haltung zum Islam grundlegend geändert.

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FOTO: ELISABETH ABUK
Gruppenfoto von christlichen und muslimischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Friedensaktion.