Interreligiöser Frieden

Interreligiöser Dialog schafft Frieden

 

Erfahrungen aus einer lebenslangen Begegnung

von Ardo Abdullahi (unter Mitarbeit von Umar Farouk)
- übersetzt von Robert Bryce

Interreligiöser Dialog, der auf starken Identitäten und Überzeugungen, aber auch auf einer großen Offenheit für die Erfahrungen anderer beruht, schafft Verständnis und kann Frieden fördern. Eine vertrauensvolle Begegnung »durch das Wort« ist das Gegenteil einer von Gewalt geprägten Auseinandersetzung zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen. Mag Letztere in den Medien stärker präsent sein, Erstere ist im Alltagsleben der Menschen tief als Wunsch verankert – und wird auch gelebt.

Laut Definition ist ein Dialog eine Begegnung von Personen »durch das Wort« (griech. dia-logou: dia = »durch«, logos = »Wort«). Deshalb ist er mehr als ein bloßer Austausch von Informationen, wenngleich diese Teil des Dialogs sind. Im Vordergrund steht jedoch die persönliche Dimension. »Dialog« im eigentlichen Sinne des Wortes findet nicht statt, wenn sein Ziel rein strategischer Natur ist oder er darauf abzielt, den anderen zu manipulieren. Diese Art der fingierten Kommunikation, wie sie in Politik und Gesellschaft zunehmend zu beobachten ist, stellt eine Verletzung der Freiheit und Würde des Menschen dar. Was dialogische persönliche Begegnungen angeht, so zeigt die Erfahrung, dass der Beziehungsaspekt intensiver wird, je größer die existenzielle Bedeutung der besprochenen Themen für die Beteiligten ist. Wenn wir darüber sprechen, was für uns wirklich wichtig ist, entsteht eine innere persönliche Bindung zu anderen. Besonders gilt das für Gespräche über religiöse und ethische Themen, die jeden Menschen zutiefst betreffen. Sie berühren sein innerstes Wesen und seine Identität. Das birgt aber auch eine Gefahr, weil solche Themen nicht nur innere Bindungen schaffen, sondern natürlich auch tiefe Gräben und Konflikte zwischen den Menschen aufwerfen können – wie der Blick in die heutige Welt zeigt. Konflikte dieser Art sind nur vermeidbar, wenn der gegenseitige Respekt gestärkt wird – fußend auf der grundlegenden Einsicht, dass wir als sehr unterschiedliche Menschen auf der Suche nach der Wahrheit sind, diese aber nie auf essentialistische Weise besitzen werden.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass dem Dialog stets eine gewisse Spannung innewohnt: Er setzt feste und reflektierte Identitäten derer voraus, die an ihm teilnehmen. Religiöse Überzeugungen dürfen nicht außen vor bleiben, sondern bilden die Grundlage für einen interreligiösen Dialog. Identität und Überzeugungen dürfen also nicht nur nicht außen vor bleiben, sondern sind vielmehr Bestandteil des Dialogs und können durch ihn sogar vertieft und intensiviert werden. Das macht seine Dynamik und Ergiebigkeit aus. Andererseits muss diese Identität offen dafür sein, vom anderen zu lernen – fußend auf der grundlegenden Einsicht, dass unser Wissen in einer zufälligen und unvollkommenen Welt niemals vollständig oder absolut sein kann. Die Anerkennung dieses hermeneutischen Prinzips bildet die Voraussetzung dafür, im Rahmen von Begegnungen – seien sie interreligiös oder nicht – neue Erkenntnisse zu gewinnen, die niemals nur kognitiv, sondern auch existenziell sind.

Autor

Ardo Abdullahi

studierte an der Unversität in Bauchi Viehzucht und Gesundheitstechnologie. Er ist Sekretär der Miyyeti Allah Plateau State Chapter, eine Lobbygruppe, die sich für die Anliegen von Fulani-Hirten in Nigeria einsetzt. Zuvor war er der Berater für legislative Angelegenheiten des Gouverneurs des Plateau Staates.

Autor

Umar Farouk

ist studierter Politikwissenschaftler und Co-Vorsitzender des Interreligiösen Forums für nachhaltige Entwicklung. In der Vergangenheit war er der Sekretär für Öffentlichkeitsarbeit der muslimischen Dachorganisation Jama’atu Nasril Islam (JNI) in Jos.

Schon Plato zeigte in seinen Dialogen, dass die Suche nach Wahrheit durch Vernunft (griech. logos) und der Prozess des dia-logein Menschen verändern kann – und dies auch tut. Er schreibt dem sogar eine gewisse heilige beziehungsweise göttliche Qualität zu, weil bei häufigen und intensiven Gesprächen mit anderen ein Licht in der Seele aufscheinen kann, das uns zu einem tieferen Verständnis führt. Das beschreibt perfekt die Erfahrung des Dialogs in seiner besten Form, seine kreative Qualität ebenso wie seine kritische Dimension.

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FOTO: ARDO ABDULLAHI
Ardo Abdullahi und Umar Farouk nahmen zusammen mit weiteren Teilnehmer/-innen am Christian-Muslim Round Table teil, welcher vom Dialogue Reconciliation and Peace (DREP) Center in Jos organisiert wird.