Heute geht es zu Younib, einem interreligiösen Jugendnetzwerk in Nairobi. Schon seit Wochen sind wir mit Father Patrick in Kontakt über dessen Arbeit. Wir, das sind Karin Schuld und ich vom #strongbymissio- Team, sind nun sehr gespannt, die Menschen vor Ort endlich persönlich zu treffen. Das Jugendzentrum liegt ganz im Osten von Nairobi. Father Patrick kommt uns mit dem Auto entgegen und lotst uns den letzten Kilometer, bis wir da sind. Er strahlt, als er aus dem Auto steigt und uns herzlich begrüßt. Wir gehen eine staubige Straße entlang und stehen schließlich vor einem bunten Tor. »Are you ready?«, fragt er. Das sind wir.
MAYA KNODEL
ist Volontärin in der Inlandsabteilung des Internationalen Katholischen Missionswerk missio Aachen e.V. Darüber hinaus ist sie Mitglied von #strongbymissio.
Kaum treten wir durch das Tor, empfangen uns 15 junge Erwachsene mit einem kräftigen Applaus und einem einstudierten Begrüßungssong. Wir sind überwältigt! Wir hatten nicht damit gerechnet, so viele Jugendliche an einem Montag anzutreffen. Normalerweise kommen die jungen Leute nur am Wochenende, weil sie ansonsten die Schule oder Uni besuchen. Doch einige haben frei und wollten uns unbedingt kennenlernen. Sofort schwappt ihre Lebensfreude auf uns über. Zur Begrüßung versammeln wir uns in einem Medienraum. Zwei Videografen von Younib zücken ihre Kameras, um den Tag festzuhalten. Alle stellen sich vor und wir planen unsere gemeinsame Zeit. Für uns ist klar: Im Fokus steht, dass wir einander kennenlernen und Beziehungen aufbauen wollen. Denn Younib soll ein fester Kooperationspartner von #strongbymissio werden. Das Treffen heute ist erst der Anfang einer gemeinsamen Reise.
Anschließend werden Karin und ich durch das Tonstudio geführt. Dort werden Songs eingesungen, Choreografien geprobt und Podcasts aufgenommen. Wir sind sehr beeindruckt. Auch #strongbymissio startete im April 2022 einen eigenen Podcast, sodass wir uns nur zu gerne einiges abschauen. Father Patrick schaltet schließlich einen der selbst aufgenommenen Songs ein. Sofort fangen alle an zu klatschen und zu tanzen. »Karibuni wageni«, dröhnen die Stimmen aus den Boxen. »Herzlich willkommen, liebe Gäste. « Auch Karin und ich beginnen zu tanzen. Father Patrick ist ehemaliger Tänzer und Choreograf und leitet uns an. Immer wieder brechen wir in schallendes Gelächter aus. Dass Kenianer:innen uns Deutschen in Sachen Rhythmusgefühl einiges voraushaben, ist nicht nur ein Gerücht. Stören tut das in diesem Moment aber keine: n. Nach diesem »Warm-up« gehen wir in den Innenhof und sind schon bald in lebhafte Gespräche verwickelt: »Wie läuft das mit dem Studium bei euch?«, »Kennt ihr schon die typischsten kenianischen Gerichte?«, »Welche Medienprojekte plant Younib als nächstes?«.
Die Gesprächsthemen gehen uns nicht aus. Wir quatschen über Chapati (kenianische Pfannkuchen aus Öl, Mehl und Zucker), darüber, wie Weihnachten gefeiert wird und wie es eigentlich ist, als junge Frau einen Männerberuf wie Elektrotechnik zu studieren. Wir stellen fest: Vieles haben wir gemeinsam.
Schließlich streckt Father Patrick den Kopf aus dem Studio und sagt: »Wir können loslegen.« Einige junge Erwachsene wollen in Interviews ihre Geschichte mit mir teilen. Stephany ist eine von ihnen. Sie erzählt, wie sie im Slum großgeworden ist und ihr Vater als Alkoholiker sie, ihre Mutter und Geschwister schlug: »Das Leben war sehr hart. Ich durfte nicht mehr zur Schule gehen und habe in einem Gemüseladen gearbeitet, damit wir wenigstens ein bisschen zu essen hatten «, erzählt sie. Heute ist sie 17 Jahre alt und lebt mit ihrer Schwester bei einem Ehepaar, das sie aufgenommen hat. Doch auch dort werden die beiden schlecht behandelt. Ihre eigene Mutter hat sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen. »Eines Tages habe ich Father Patrick getroffen und er hat mir von Younib erzählt. Seitdem komme ich am Wochenende hierher. Hier wird mir Liebe entgegengebracht und ich habe wieder angefangen zu lachen.« Stephanys Worte berühren mich sehr. Auf meine Nachfrage, ob sie überhaupt darüber reden möchte, schüttelt sie den Kopf und entgegnet: »Mir hilft es, darüber zu sprechen. Danach fühlt sich mein Herz wieder leichter an.« Ihre Dankbarkeit, hier bei Younib zu sein, kann ich ihr ansehen.
Sie ist nicht die Einzige, deren Leben sich durch Father Patrick verändert hat. Alex hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Auch er wuchs im Slum mit einem Vater auf, der Alkoholiker war. Mittlerweile ist dieser verstorben. »Father Patrick ist für mich der Vater, den ich nie hatte«, erzählt er mir. »Bei Younib werde ich in meinen Talenten gefördert und weiß, dass ich es schaffen kann.« Daran habe ich keinen Zweifel. Alle jungen Erwachsenen strahlen eine Freude und Stärke aus, die ich mir an manchen Tagen nur wünschen kann. Man merkt, dass sie viel erlebt haben. Gerade das hat sie offenbar stark gemacht und ihre positive Haltung wirkt unglaublich inspirierend.
Als wir uns am Spätnachmittag verabschieden, fühlen Karin und ich uns erfüllt und ermutigt. Wir können es kaum erwarten, dass unsere bisherige #strongbymissio- Community diese großartigen jungen Leute kennenlernt. Gemeinsame Themenabende, Podcast-Folgen und gegenseitige Besuche sollen in den nächsten Monaten folgen. Ein Gefühl hat sich in jedem Fall bestätigt: Dieser Besuch ist erst der Anfang.