USA

Indigene fordern Aufklärung

Kinder wurden Opfer in katholischen Internaten

Nach Kanada beginnt nun auch in den USA die Debatte um den Umgang mit indigenen Kindern an kirchlichen Internatsschulen. Der Direktor des Swift County Historical Society and Museum, Reverend Gary Mills, und Vertreter der Ureinwohner möchten der wahren Geschichte auf den Grund gehen: von den Todesursachen der Schüler:innen bis zur tatsächlichen Zahl der Opfer. In mehr als 367 amerikanischen Internatsschulen wurden mehr als 100.000 Kinder der Ureinwohner unterrichtet. In den vergangenen Jahren entdeckten Aktivist:innen Hunderte unmarkierte Gräber. Auf politischer Ebene setzt die zuständige Ministerin Deb Haaland, eine Nachfahrin amerikanischer Ureinwohner und die erste Indigene in der US-Regierung, ein Versprechen aus dem Wahlkampf um, die gewaltsame Christianisierung der Indigenen in der US-Geschichte offenzulegen. Im Juni 2021 richtete sie eine Untersuchungskommission ein, die auch die Todesumstände Hunderter Internatsschüler: innen aufklären soll. Die katholischen Bischöfe von Gallup (New Mexico) und Oklahoma City, in deren Diözesen viele Ureinwohner leben, haben sich der Forderung nach einer historischen Aufarbeitung angeschlossen. In einem Schreiben riefen sie ihre Mitbrüder zur Kooperation auf. Vertreter von vier US-Bistümern trafen sich in Minnesota, um die Rolle der Kirche bei den Internaten kritisch zu untersuchen. Für die brutale Unterwerfung indigener Kinder etablierte sich in den USA der zynische Begriff des »Social Engineering«. Als »Väter « dieser Methode taten sich vor allem zwei Männer hervor: Hauptmann Richard Henry Pratt, der mit der Losung »Töte den Indianer und rette den Menschen« seine Absichten kundtat. Und Bischof Vital Justin Grandin, der den Indigenen ihre Sprache verbot und sie so von ihren Traditionen entfremdete. Der Druck auf die katholische Kirche in den USA steigt. Aber noch hinken die US-Bischöfe bei der Debatte um die Verantwortung für die damaligen Zustände an den Schulen ihrem nördlichen Nachbarn hinterher.

FOTO: KNA-BILD
Indigene aus dem Amazonasgebiet bei einer Versöhnungsfeier in Rom. Papst Franziskus plant eine Reise nach Kanada, wo im vergangenen Jahr Schlagzeilen über Gewalt an indigenen Kindern in katholischen Internatsschulen die Öffentlichkeit erschütterten. Nun ist die Debatte in den USA angekommen.