PHILIPPINEN

Enttäuschung über Marcos-Sieg

»Den Traum von einer gerechten Gesellschaft kann er nicht stehlen«

Nach der Präsidentenwahl auf den Philippinen zeigen sich katholische Vertreter: innen enttäuscht über den deutlichen Sieg von Ferdinand Marcos Jr. Über seine Konkurrentin Leni Robredo. Viele Bischöfe und Priester sowie Ordensgemeinschaften hatten öffentlich Robredo unterstützt, weil sie befürchteten, ein Präsident Marcos könne wie sein gleichnamiger Vater die Philippinen wieder diktatorisch regieren. Erzbischof Socrates Villegas erklärte, Robredo habe zwar die Wahl nicht gewonnen, aber Marcos Jr. könne den Traum ihrer Unterstützer:innen von einer gerechten Gesellschaft nicht stehlen. »Wir sind Niederlagen gewohnt. Jesus schien die Niederlage anzunehmen, als er ans Kreuz geschlagen wurde«, schrieb der Erzbischof von Lingayen-Dagupan auf Facebook. Die Jünger hätten gewusst, »dass sie als Sieger hervorgehen würden«. In Anspielung auf Robredos Wahlkampffarbe fügte er hinzu: »Pink ist die Farbe des neuen Kampfes!« Pater Ed Molina aus dem Netzwerk »Priester für Leni« sagte dem asiatischen Pressedienst Ucanews: »Alle sind von dieser traurigen Situation erschüttert.« Bischof Rey Evangelista von Imus in der Provinz Cavite teilte mit: »Ich fange an zu glauben, dass Gott nie beabsichtigt hat, dass Leni gewinnt. Ihre Mission war es, uns aufzuwecken.« Nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmzettel entfielen rund 31 Millionen Stimmen auf Ferdinand »Bongbong« Marcos Jr. (64), während Robredo mit rund 15 Millionen Wählern auf weniger als die Hälfte kam. Marcos war ohne ein Programm angetreten und verweigerte im Wahlkampf die Teilnahme an TV-Debatten mit den anderen neun Bewerbern um die Präsidentschaft. Mit dem Lob der von Gewalt, Korruption und Menschenrechtsverletzungen geprägten Diktatur seines Vaters 1965 bis 1986 als »goldenes Zeitalter« präsentierte sich Marcos Jr. stattdessen als »Versöhner« mit der Vergangenheit, der ein gespaltenes Volk wieder einen werde. Kritiker werfen ihm vor, seinen Wahlkampf in den Sozialen Medien mit Lügen und Desinformation über das Regime seines Vaters geführt und mit von seiner Familie veruntreutem Staatsvermögen finanziert zu haben. Marcos wurde am 30. Juni als Präsident der Philippinen vereidigt. Die philippinische Caritas forderte den neuen Präsidenten auf, die dringenden Probleme des Landes wie Armut und steigende Preise für Grundversorgungsgüter und Treibstoff anzugehen.

Ausgabe 5/2022

FOTO: PICTURE-ALLIANCE
Unterstützerinnen der philippinischen Präsidentschaftskandidatin Leni Robredo in den pinken Farben ihres Wahlkampfes. Mit Robredo hatten viele die Hoffnung auf eine gerechtere Gesellschaft verbunden, sie unterlag im Wahlkampf aber Ferdinand Marcos Jr.