Gesellschaft – Ethik – Religion

Politisches Handeln als weltkirchliche Aufgabe

 

Eine Analyse der Inlandsarbeit katholischer Hilfswerke

 

Heft 3/2019: Wie politisch ist die Arbeit der katholischen Hilfswerke? Wie politisch ist ihre Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit? Diese Fragen bewegen Maria Brinkschmidt im Rahmen ihrer Studie. Dazu hat sie die  Jahresaktionen und Kampagnen der sogenannten MARMICK-Werke von 2009 bis 2013 untersucht – also der sieben großen Hilfswerke Misereor, Adveniat, Renovabis, missio Aachen, missio München, Caritas  international und Kindermissionswerk »Die Sternsinger«. Diese Werke unterscheiden sich in ihrem Auftrag (missionarisch-pastoral und entwicklungsbezogen) und in den Regionen ihrer Projektarbeit (Afrika, Asien, Lateinamerika,  Osteuropa).

 

 

Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gehört der Einsatz für die Armen zum Kern jedes missionarisch- pastoralen Handelns. Demnach kann die Mission der Kirche aus theologischer Sicht nicht in religiöse und politische Handlungsfelder aufgeteilt werden. Im Gegenteil: Die gesellschaftspolitische Verantwortung ist konstitutiv und nicht beliebig für den Selbstvollzug der Kirche. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund der Reich-Gottes-Botschaft. Die Mission der Kirche geht nicht allein im politischen Engagement auf, aber in diesem beglaubigt sie ihre Botschaft. Zu diesem Zwecke fungieren die kirchlichen Hilfswerke als Brücke zwischen Kirche und Zivilgesellschaft und begeben sich mit ihren Auffassungen und ihrer Praxis in die Sphäre der politischen Öffentlichkeit. Das Ergebnis der Analyse Brinkschmidts der Materialien der Jahresaktionen 2009 bis 2013 zeigt hingegen, dass in diesen der politische Aspekt weitgehend ausgeblendet wird; während gleichzeitig die an ein Fachpublikum adressierten Publikationen (Fachzeitschriften, Studien etc.) der Werke eine recht deutliche politische Komponente haben. Überdies nehmen die Werke in der Öffentlichkeit durchaus – wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße – ihre politische Aufgabe als Anwalt für die Armen wahr. Brinkschmidt unterstreicht vor diesem Hintergrund die Relevanz politischen Engagements, auch in den Gemeinden, und plädiert für ein verstärktes Einbinden der kirchlichen Basis in die politische Öffentlichkeitsarbeit. Schließlich könnten die Lebensbedingungen der Armen weltweit nur dann dauerhaft verbessert werden, wenn neben der finanziellen Projekthilfe die ungerechten Rahmenbedingungen behoben werden. Um die politische Schlagkraft zu erhöhen, sind Allianzen der Solidarität dienlich. »Kirchliche und nichtkirchliche Akteure aus den Ländern des Nordens und des Südens sollten sich also zusammenschließen und gemeinsam mit den vielfältigen sozialen Bewegungen vor Ort für gerechtere weltweite Strukturen und für die Durchsetzung der Menschenrechte eintreten.« (Brinkschmidt, S. 38)

Maria Brinkschmidt, Dr. theol., hat im Fach Christliche Sozialwissenschaften an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster promoviert. Ihre Studie »Politisches Handeln als weltkirchliche Aufgabe. Eine Analyse der Inlandsarbeit katholischer Hilfswerke« ist im August 2016 im Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, erschienen.