Forum Weltkirche - Zeitschrift für Kirche und Gesellschaft mit weltweitem Blick

Interreligiöser Frieden

Zwischen Kreuz und Halbmond

 

Herausforderungen und Chancen für interreligiösen Frieden in Westafrika

von Adrien Sawadogo

Westafrika wird heute von vielen als multireligiöse Region wahrgenommen, in der das Christentum, die afrikanischen traditionellen Religionen und der Islam die wichtigsten Religionen bilden. Diese religiöse Landschaft ist zwar nicht neu, zog aber in den letzten Jahren aufgrund der andauernden Gefährdung des Friedens – deren Ursachen viele in der Religion sehen – die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft auf sich. Die grausamen Bilder, Videos und Medienberichte über die ständigen Attacken durch extremistische Gruppen und religiöse Terroristen sind der Grund dafür, dass Westafrika – einst eine friedliche Region – als Ort der Gewalt wahrgenommen wird.

Autor

Adrien Sawadogo

ist der älteste Sohn einer muslimischen Familie aus einem königlichen Clan von Burkina Faso, seinem Herkunftsland. 1992 konvertierte er zum Christentum und wurde 2004 Mitglied der Afrikamissionare (Weiße Väter). Ein Jahr später folgte die Priesterweihe. Er studierte Islamwissenschaften in Kairo und am Päpstlichen Institut für Arabische und Islamische Studien in Rom. Aktuell ist er der Direktor des Instituts für Interreligiösen Dialog und Islamstudien am Tangaza University College in Nairobi, Kenia.

Man weiß, dass es in Westafrika nicht selten der Fall ist, dass Mitglieder derselben Familie verschiedenen Religionen angehören; weniger weiß man darüber, wie dies in der Praxis funktioniert und welche innere Dynamik es gibt, um dieses kostbare Geschenk des Lebens zu bewahren und zu schützen. Ein tiefer Einblick in diese gelebte Erfahrung offenbart, dass die aus der Blutsverwandtschaft erwachsende brüderliche und schwesterliche Verbundenheit das Fundament der gläubigen Familie in ihrer Glaubensvielfalt darstellt; die interreligiösen Beziehungen in diesen Familien sind daher geprägt von einem tiefen und aufrichtigen Respekt gegenüber dem Glauben des/der jeweils anderen. Es ist eine tiefe Erfahrung, für die der emeritierte Papst Benedikt XVI. folgende weise Worte fand: Liebe ist »göttlich «, weil sie von Gott kommt und uns mit Gott eint, uns in diesem Einigungsprozess zu einem Wir macht, das unsere Trennungen überwindet und uns eins werden lässt, so dass am Ende »Gott alles in allem« ist (vgl. 1 Kor 15,28)«.[1] Das für den Frieden zwischen den Religionen förderliche Umfeld wird von der Gesellschaft in Westafrika getragen. Bedroht wird es jedoch durch das Erstarken religiöser extremistischer Gruppen, die einen Paradigmenwechsel fordern; konkret geht es ihnen darum, dass die Gemeinschaft des Glaubens das Fundament für Familie und Gesellschaft bilden und damit die Blutsverwandtschaft als Fundament der Gemeinschaft der Gläubigen ablösen soll. Dies käme einem fortschreitenden kulturellen Homizid gleich. Es ist, wie das Sprichwort sagt, als würde man den Ast absägen, auf dem man sitzt. Diese unseligen Geschehnisse mussten zwangsläufig in der Zerrüttung von Familie und Gesellschaft münden, die einst friedlich ihre religiöse Vielfalt lebten.

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Anmerkungen

[1] Enzyklika Deus Caritas Est, Rom 2005, Nr. 18.

Buchcover Gott hat mich ergriffen von Adrien Mamadou Sawadogo
FOTO: ISTOCKPHOTO
Die Große Moschee in Djenne in Mali, in der Nähe Timbuktus. Sie ist das größte Lehmgebäude der Welt.